Noch selten in Bayern:Schmerzen auf Knopfdruck lindern

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Neues Therapiegerät in der Kreisklinik Ebersberg im Einsatz

Starke Schmerzmedikamente wie Morphin und andere Opioide dürfen Klinikpatienten nur von medizinischem Fachpersonal gegeben werden, woraus im Einzelfall Verzögerungen bei der Schmerzreduzierung möglich sind. Nun gibt es ein neues Verfahren, bei dem der Patient selbst aktiv werden und den Zeitpunkt der Gabe selbst bestimmen kann. Per Knopfdruck lässt sich aus einer Art Tablettenspender das Schmerzmittel, ein stark wirkendes Opioid, unter die Zunge legen (deshalb auch "sublingual" genannt). "Durch die Aufnahme des Wirkstoffes über die Mundschleimhaut tritt die Wirkung sogar sehr viel schneller ein als bei Schmerzmitteln, die geschluckt und erst vom Darm aufgenommen werden müssen", erklärt Peter Lemberger, Chefarzt der Anästhesie in Ebersberg.

Die sublinguale Schmerztherapie ist seit etwa zwei Jahren auf dem Markt. In Bayern ist die Kreisklinik Ebersberg eines der ersten Krankenhäuser, in denen das Applikationssystem zum Einsatz kommt.

Auch im Vergleich zu Schmerztherapien mit venösen Zugängen oder Kathetern, wie etwa der patientengesteuerten Schmerzpumpe, habe das neue System Vorteile: "Es besteht keine Infektionsgefahr, die sich durch den Einstich bei venösen Zugängen ergibt, und der Patient ist mobiler", so Lemberger. Für die Genesung sei es wichtig, schnell wieder das Bett verlassen zu können, um durch Bewegung und Physiotherapie den Heilungsprozess zu fördern.

Die Sicherheit des Patienten ist durch ein ausgeklügeltes System gewährleistet: Mit einer Art Schloss ist das Gerät am Bett befestigt und kann nur mit einem codierten Daumenpflaster aktiviert werden. Nach jeder Tablettenabgabe ist der Applikator für eine gewisse Zeit gesperrt, damit werden Überdosierungen vermieden.

Die Einweisung in die Bedienung geschieht ausschließlich durch medizinisches Fachpersonal - Ärzte wie Krankenpfleger - und oft schon vor der Narkose. "So kann es der Patient bei Bedarf gleich nach der Operation benutzen", erklärt Lemberger.

"Allerdings ist es nicht für jeden geeignet", räumt der Chefarzt ein. Zum Beispiel bei älteren Patienten mit einer Demenz oder bei Patienten mit Bewegungseinschränkung der Arme greife man nach den Erfahrungen einer mehrmonatigen Testphase weiterhin auf andere Schmerztherapien zurück. Grundsätzlich könne die patientengesteuerte Schmerztherapie in jeder Abteilung in der Ebersberger Klinik eingesetzt werden. Insbesondere nach kleinen Operationen jedoch würden oft schwächere Schmerzmedikamente ausreichen. Patienten nach großen Operationen, zum Beispiel am Bauch, erhalten laut Lemberger weiterhin einen Schmerzkatheter nahe des Rückenmarks, wenn aus medizinischer Sicht nichts dagegen spricht. Ansonsten könne auch bei diesen Patienten das neue Verfahren angewendet werden.

© SZ vom 07.02.2019 / sz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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