Noch ein Kreuzchen:Länger leuchten

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Foto: Peter Hinz-Rosin (Foto: N/A)

Am Sonntag stimmen die Grafinger bei einem Bürgerentscheid auch über die Dauer ihres Weihnachtsmarkts ab

Von Thorsten Rienth, Grafing

Von wegen Besinnlichkeit und Frieden. Sobald es um den Grafinger Weihnachtsmarkt auf der Marktplatzinsel geht, herrscht Zwist in der Stadt. Weder Stadtrat noch Unternehmerschaft hatten sich zu einem Kompromiss über die Dauer der Veranstaltung aufraffen können. Deshalb entscheiden die Grafinger nun selbst, und zwar am Sonntag per Bürgerentscheid. Sie können damit das umstrittene Votum des Stadtrats kippen, den Markt von - je nach Jahr - bislang 18 oder 19 Tagen auf zwei Wochen zu verkürzen.

Wie so oft klingt die Fragestellung des Bürgerbegehrens "Für einen ganzen Weihnachtsmarkt am Grafinger Marktplatz" etwas verklausuliert: "Sind Sie dafür, dass dem Werbering Grafing e.V. die Sondernutzungserlaubnis zur Abhaltung von Weihnachtsmärkten am Marktplatz in den folgenden Zeiträumen erteilt wird: 6.12. bis 23.12.2018, 5.12. bis 22.12.2019 und 3.12. bis 22.12.2020?"

Es geht also darum, die gekappte Weihnachtsmarkterlaubnis wieder auf die Dauer der vergangenen Jahre auszuweiten. Weil sich der ursprüngliche Antrag vom Marktveranstalter Werbering auf die Jahre 2018 bis 2020 bezog, liegt dieser Zeitraum nun auch dem Bürgerentscheid zugrunde.

"Durch die deutliche Verkürzung sinkt die Attraktivität zum Betreiben der Buden und Stände deutlich", begründeten die "Bündnis für Grafing"-Initiatoren Heinz Fröhlich, Yukiko Nave und Martin Tourneau ihr Begehren. Standbetreiber würden auf lukrativere andere Veranstaltungen ausweichen. Der Grafinger Weihnachtsmarkt könnte über kurz oder lang ganz verschwinde. Der Marktplatz wäre wieder ein Stück weit weniger attraktiv.

Der als unternehmerfreundlich geltende - allerdings nur beratend tätige - Grafinger Arbeitskreis Wirtschaftsförderung unterstützt diese Argumentation. Gleiches gilt für etwa die Hälfte der Grafinger Marktplatzunternehmer.

Der andere Teil, zu dem beispielsweise der CSU-Stadtrat Josef Saißreiner gehört, widerspricht. "Wir kämpfen um unsere Parkplätze, damit wir vor Weihnachten wenigstens noch ein bisserl ein Geschäft machen können", argumentierte er etwa in der Kulturausschusssitzung im April. "Ohne Parkplätze wird ein Einzelhändler nach dem anderen zusperren", prophezeit er. Im vergangenen Jahr war solcher Protest erfolgreich. Der Weihnachtsmarkt fiel komplett aus.

In diesem Jahr hatte das Thema das Zeug zur Eskalation: Der Kulturausschuss versagte die Genehmigung für die 18 respektive 19 Tage Weihnachtsmarkt. Saißreiners Votum gegen den langen Markt war die entscheidende Stimme. Dass er als Marktplatz-Metzger wegen Befangenheit eigentlich gar nicht hätte mit abstimmen dürfen, fiel dem Rathaus erst auf, als sich Protest regte. Einfach wieder abziehen ließ sich seine Stimme jedoch nicht. Das untersagte die Gemeindeordnung.

Stattdessen musste neu abgestimmt werden, und zwar nicht mehr vom Ausschuss, sondern vom gesamten Stadtrat. Nach einigem Hin und Her begrenzte der den Weihnachtsmarkt schließlich auf 14 Tage. Mit dem Entscheid am Sonntag wollen Fröhlich, Nave, Tourneau und ihre Mitstreiter diese Beschränkung wieder aufheben.

Dazu müsste das Anliegen zum einen die Mehrheit der gültigen Ja-Stimmen holen. Gleichzeitig müsste deren Anzahl auch noch das sogenannte Abstimmungsquorum erfüllen. Diese Hürde liegt in Grafing bei 20 Prozent der Wahlberechtigten. Laut Stadtverwaltung entspricht dies knapp 2200 Stimmen.

Selbst wenn all das nach Auszählung der Stimmen am späten Sonntagabend der Fall ist: Es bedeutet nicht automatisch die Rückkehr zur früheren, längeren Marktdauer. Die Entscheidung liegt beim Werbering. Würde der Werbering wollen, könnte er.

Ohnehin geht es beim Entscheid eigentlich nicht so sehr um neun von 24 in der Weihnachtszeit belegte Marktplatz-Parkplätze. Oder um die Frage, ob 14 Markttage angemessener wären als 19. Der Fingerzeig hinter dem Ergebnis ist ein stadtplanerischer, einer, wie die Grafinger ihren Marktplatz interpretieren: als attraktives Stadtzentrum oder doch eher als praktischen Parkplatz.

© SZ vom 13.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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