Neujahrsempfang in Glonn:Doppelte Frauenpower

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Bernadette Estendorfer (links) und Emmi Schmidt kommen auf insgesamt 318 Jahre im Ehrenamt. Bürgermeister Josef Oswald gratuliert. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Emmi Schmidt und Bernadette Estendorfer werden mit der Bürgermedaille ausgezeichnet

Von Elisabeth Urban, Glonn

"Leben kann man nur vorwärts", mit diesen philosophischen Worten des Dänen Søren Kierkegaard beginnt Bürgermeister Joseph Oswald (CSU) seine Rede zum Neujahrsempfang im Saal des Marienheims Glonn. Zunächst blickt er aber nicht nach vorn, sondern zurück auf die Projekte des vergangenen Jahres, nennt dabei unter anderem die Sanierung der Klosterschule oder den Breitbandausbau. Man habe aber auch für die Öffentlichkeit weniger sichtbare Dinge bewältigt, wie beispielsweise die Erneuerung des Serversystems in der Verwaltung.

Auch im bevorstehenden Jahr 2020 liegt der Fokus auf infrastrukturellen Projekten und Sanierungen. Feuerwehrhaus, Mittelschule und Hochwasserschutz sind einige Beispiele, die laut Oswald angegangen werden sollen. Er betont, wie "unverzichtbar" er dabei die politische Ebene der Kommune findet, "hier ist Politik überschaubarer und greifbarer". Kommunalpolitik sei für ihn auch ein Gegengewicht zu den Entscheidungen großer Institutionen, er bezieht sich auf Brüssel und globale Unternehmen. Auch in einer immer digitaler werdenden Welt spiele sich die Politik eben immer noch vor Ort ab. "Die Gemeinde ist mehr als ein Wirtschaftsstandort oder eine AG."

Dass aber auch in einer Gemeinde die Diskussion um Investitionen unumgänglich ist, zeigt sich in der folgenden Rede des WSV-Vorsitzes Josef "Sepp" Axenböck. Dieser tritt anlässlich des 50-jährigen Bestehens des WSV ans Rednerpult, er berichtet von der Geschichte des Vereins seit seiner Gründung am 5. Januar 1970 in der Wiesmühle. Die Werdegänge der unterschiedlichsten Abteilungen, Meilensteine und Erfolge in der Vereinsgeschichte schildert er, doch immer wieder beklagt er einen Aspekt, den Oswald in seinen Plänen für das Jahr nicht erwähnt hat: Die Situation der Sportstätten. Man müsse dringend mehr Raum schaffen, so Axenböck, er sehe ansonsten die sportliche Förderung der Jüngsten in Gefahr. "Was Hänschen nicht lern, lernt Hans Nimmermehr", so sein abschließender Appell an den Rathauschef.

Eines haben die Reden der beiden Männer gemeinsam, sie loben das ehrenamtliche Engagement der Bürgerinnen und Bürger, ob nun im WSV oder bei der Kleiderkammer und beim Glonner Tisch. Und so wird die Uneinigkeit zu Investitionen hier nicht weiter besprochen, und Bürgermeister Oswald darf zu seinem "Lieblingsteil" übergehen: Zwei Frauen werden für ihr langjähriges Engagement geehrt, ihnen wird die Bürgermedaille des Marktes überreicht. Er habe im Vorfeld einmal hochgerechnet, wie viel Zeit die beiden Damen investiert haben: Alle einzelnen Tätigkeiten zusammengezählt, kommt Oswald dabei auf stolze 318 Jahre.

Da ist zum einen Emmi Schmidt, "die gute Seele des Orchestervereins". Auf sie entfallen Oswald zufolge insgesamt 87 Jahre Engagement für das musische Leben in Glonn, ihre Tätigkeiten bei der Katholischen Arbeiterbewegung sind noch nicht eingerechnet. Seit 43 Jahren unterstützt Schmidt in unterschiedlichen Funktionen den Chor- und Orchesterverein Glonn, 2018 wurde sie zum Ehrenmitglied ernannt.

Für die übrigen 231 Jahre zeichnet Bernadette Estendorfer, von Oswald nur "Berni" genannt, verantwortlich. Sie scheint nur wenige Möglichkeiten zum ehrenamtlichen Engagement ausgelassen zu haben. 1977 fing alles im Elternbeirat des Kindergartens an, es folgten Buchausstellungen und sportliches Engagement beim WSV. Noch heute sehe man die große, schlanke Frau auch mal auf Rollerblades durch den Ort wirbeln, so Oswald. In der Pfarrei war sie bei Glaubenskursen, in der Firmvorbereitung, im Pfarrgemeinderat, als Wortgottesdienstleitung und in vielen anderen Weisen aktiv. Und auch in seinem letzten Lebensabschnitt dürfte der ein oder andere Glonner Estendorfer begegnet sein: Sie engagiert sich in der Hospizarbeit und bei den Glonner Donnerstagsfrauen, die wöchentlich ältere Menschen im Marienheim besuchen. Ihr ehrenamtliches Engagement möchte Estendorfer nicht missen: All das habe ihr Leben "erfüllt und bereichert", wie sie dem Bürgermeister verrät.

© SZ vom 04.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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