Neues Album:Die fröhliche Seele der Musik

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"Weltwärts" heißt die CD von Rudi Zapf. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Rudi Zapfs CD "weltwärts" trägt ganz unverkennbar seine Handschrift

Von Ulrich Pfaffenberger, Pliening

Mit dem jüngsten Album Weltwärts setzt Rudi Zapf seine Reihe von Aufnahmen fort, bei denen er mit dem Hackbrett den Globus der Musik umrundet. Darin finden Fans des Plieninger Künstlers eine ganze Reihe von Stücken, die sie in seinen Konzerten mit "Zapf'nstreich" schon gehört haben - aber nicht in dieser Kombination und Bandbreite. Sie bekommen einen Band farbenfroher Erzählungen geboten, stimmig aneinandergefügt, mit unverkennbarer Handschrift. Für jene, die Zapfs Musik erst entdecken wollen, ist die CD eine Einladung zum Aufbruch ins Grenzgebiet der Vielvölkermusik, die überall auf der Welt verstanden wird, ohne ihre lokale Farbe zu verlieren.

Im Gegenteil: Was Zapf an Pedalhackbrett und Vibrandoneon gemeinsam mit Gerhard Wagner auf diversen Blasinstrumenten, Andreas Seifinger an der Gitarre und Steffen Müller am Kontrabass zum Leben erweckt, ist die fröhliche Seele der universellen Sprache "Musik". So gründlich befreit das Quartett seine Stücke von den Fesseln der Hörgewohnheiten, dass man ihnen frei und unbefangen begegnen kann, wie man sich das als Entdecker eben wünscht. Das ist vergleichbar mit den Momenten in einem Gasthaus oder einem Zug, in denen sich ein zunächst Fremder auf den leeren Platz gleich gegenüber setzt - und es nur wenige Sätze und Gedanken braucht, um sich darüber zu freuen, wie angenehm doch diese Bekanntschaft ist.

Wie das Quartett etwa in wenigen Takten die Lebensgeschichte des "Alten Peter" so verdichtet, dass man nicht nur ihm selbst begegnet, sondern auch den Abertausenden, die zu ihm aufblicken oder für die sein Lied eine Brücke in die bayerische Heimat schlägt - das ist dramatisches Format vom Feinsten. Es zeugt aber auch von den spielerischen Fähigkeiten jedes einzelnen an seinem Instrument, wie die "Zapf'nstreicher" da rund um den Tisch miteinander in Dialog treten, einander die Akkorde zurufen und ein so hinreißendes Miteinander abliefern, dass man sich als Zuhörer fühlt, als säße man mit in der Runde beim Musizieren.

Was besonders viel Spaß macht, ist die fast schon schlichte Lockerheit dieser Musik. Wenn etwa der "Sonntagswalzer" und "Pica Pica", das Volkslied von der frechen Elster, ihre überraschende Verwandtschaft feiern, zaubert sich wie von selbst ein entspanntes Lächeln ins Gesicht. Oder die unvermutete Begegnung vom "Zuserl" mit "Take Five": Da geht die ganze volksmusikalische Andacht dahin, so juchzert und jazzig reißt es einen da mit, so leger legen sich da feine Schichten aus Swing und Blues um die Melodien.

Die "Cubana" wiederum, gleich zu Beginn des Albums, wirft allen pseudokaribischen Ballast ab, schaltet beim Tempo zwei, drei Gänge zurück und arbeitet damit genau jene Volten und Figuren der Melodie in berührender Lebendigkeit heraus, die den Charakter des Stücks prägen. Die Bewegung in diesem Stück kommt von innen, bestimmt vom Herzschlag der Erinnerung an alte Geschichten und Bräuche, geradeso wie man sich Folklore wünscht, deren Bilder von Gedanken getragen sind, nicht von Postkarten.

Oder "Der dritte Mann & Brazil". Das ist keine musikalische Melange mit Rum, sondern vor allem ein pfiffiger Dialog zwischen Zapf am Hackbrett und Wagner, der mal zum Saxofon greift, mal zur Klarinette. So fließt die Melodie frisch und munter durchs Gemüt, kitzelt das Trommelfell - und lässt verblüfft den Atem stocken, wenn in einem unvermuteten Ritardando die Copacabana und der Prater zu einer einzigen Spazierwiese verschmelzen.

Respekt gebührt Lori Lorenzen vom Fluxx-Tonstudio in München-Allach, der die Aufnahme gemastert hat. Es ist eine Kunst, den Charakteristika nicht nur der Instrumente, sondern auch der Musiker und ihrer Spielweise gerecht zu werden. So gerecht, dass Erleben und Erinnern für die Zuhörer unverwechselbar wird. Da sind die fast schon gehauchten Rhythmusschläge von Bass und Gitarre, da sind die akzentuierten Läufe des Saxofons, da ist der Zapf-typische Saitenanschlag: Sie wirken aus sich heraus, weil der Mann am Steuerpult verstanden hat, dass es auf diese Wirkung ankommt. Das gibt den schnellen Passagen die verdiente Tiefe und den langsamen die Spannung. Mehr aber noch lohnt es sich bei dieser Aufnahme, in die Stille hinein zu lauschen und den Nachklang wirken zu lassen, der scheinbar gedankenverloren im Raum schwebt, tatsächlich aber voller zauberhafter Ideen steckt.

© SZ vom 06.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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