Neuer Chef im Museum Wald und Umwelt Ebersberg:Wälder, Bücher und Käfer

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Hannes Müller leitet von diesem Dienstag an das Museum auf der Ludwigshöhe. Der Geoökologe und Wildnispädagoge ist beeindruckt von den Lernprogrammen und den Exponaten

Von Daniela Gorgs, Ebersberg

Sein Lieblingsexponat steht am Eingang. Es ist die Holzbibliothek. Diese Rarität im Museum für Wald und Umwelt hat Hannes Müller bei seinem ersten Besuch sofort entdeckt. Er steht vor dem Schaukasten und deutet auf kleine Holzschachteln, die in Buchform gestaltet sind. Die Kistchen schuf der Ebersberger Benediktinermönch Candid Huber vor 200 Jahren. Sie beherbergen das Wissen um mehr als 100 Holz- und Baumarten. Hannes Müller ist fasziniert, dass jedes Kistchen aus dem Holz des beschriebenen Baumes gefertigt ist und eine Auswahl von dessen Blättern, Zweigen, Samen und Fürchten enthält. Sogar Insekten, die vorzugsweise in dem Baum leben, sind beigefügt. "Zum Beispiel hier, der Hirschkäfer", sagt er und zeigt auf einen fünf Zentimeter großen Krabbler.

Wenn Hannes Müller, 35, an diesem Dienstag die Leitung des Ebersberger Museums und der Umweltstation übernimmt, wird er regelmäßig einen Blick auf die Holzbibliothek werfen können und die vielen anderen Exponate, die ihn so begeistern. Rasch läuft er die Treppe hinauf in den ersten Stock, vorbei an der "weltgrößten Fichtennadel", wie er stolz betont, hinaus auf den Balkon. Dort blickt er Richtung Süden auf das Bergpanorama und atmet den frischen Duft von Laub und Fichtennadeln ein. "Die Natur hat mir gefehlt", sagt er.

Die Holzbibliothek im Ebersberger Museum schuf Candid Huber. Für Hannes Müller sind die Kistchen eine "Rarität". (Foto: Christian Endt)

Hannes Müller, geboren in Frankfurt an der Oder, wuchs im Weserbergland auf. Am Fuß des Hohensteins wanderte und kletterte er viel in der Natur. Nach dem Studium der Geoökologie in Bayreuth und der Promotion in Berlin freut er sich nun über die neue Aufgabe auf der Ebersberger Ludwigshöhe. Die Naturwissenschaften, Physik, Chemie und Biologie, faszinierten ihn schon seit Schulzeiten. Wie die Erde funktioniert, wie die Umwelt den Menschen beeinflusst und umgekehrt. Für seine Promotion über Landnutzungsveränderung in Brasilien anhand von Satellitendaten tauchte er in die Informatik ein. Da die Arbeit mit maschinenlesbaren Daten naturgemäß an einem Schreibtisch stattfindet, reichte ihm das bald nicht mehr. "Ich war zu viel im Büro", sagt er. Müller kündigte seine Stelle an der Landesanstalt für Umwelt in Karlsruhe und ließ sich zum Wald- und Wildnispädagogen am Haus des Waldes in Stuttgart ausbilden.

Als seine Frau Anfang des Jahres beruflich nach München wechselte und das Paar nach einem Wohnort am Stadtrand suchte, stieß er erstmals auf den Ebersberger Forst. Auf einer Karte entdeckte er einen "riesigen grünen Fleck" und dachte: "Wahnsinn!". Zwei Tage stapfte er durch den Forst und war erstaunt, wie belebt dieser Wald ist. Müller entdeckte Spuren von Rehen, Fuchs, Waldkauz - und fühlte sich gleich daheim. Er zog nach Vaterstetten und genießt nun die Nähe zum Heimstettener See, der Kletterhalle High East und der Kampenwand.

Physik, Chemie und Biologie faszinierten ihn schon seit Schulzeiten: Hannes Müller freut sich auf seine neue Aufgabe als Museumsleiter. (Foto: Christian Endt)

Das Ebersberger Museum, das Müller übernimmt, ist etabliert, die Lernprogramme sind bei Schulklassen sehr beliebt. Der neue Leiter weiß, warum: "Weil die Veranstaltungen nicht nur das ökologische System zeigen, sondern auch erlauben, dass Kinder draußen Erfahrungen sammeln können." Wer einmal ein Schnitzmesser bedient hat, wisse, was das mit den Händen macht. Und was in dieser Hinsicht Zeit bedeutet. Müller sitzt jetzt unten im Workshopraum, schenkt sich Tee ein und sinniert. In der Wildnisschule lerne man die Zeit anzuhalten, Dinge zu beobachten, achtsam zu sein und zu entspannen. Zeit, Holz zu sammeln und ein Lagerfeuer zu entzünden. Es gehe ums intensive Erleben.

"Der Wald ist ein schöner Ort dafür", sagt Müller. Und freut sich darauf, dies den künftigen Besuchern zu vermitteln und für sie erlebbar zu machen. Die Ebersberger Weiherkette, Tümpel, Wiesen und Hecken sind für ihn ein idealer Ort, kleinen und großen Menschen ökonomische und ökologische Prozesse zu zeigen und ihnen nebenbei noch positive Erlebnisse zu verschaffen. Nur wer sich selbst als Teil der Natur sehe, würde sie auch wertschätzen und schützen. Und genau das sei seine Devise. "Wir sind nicht Greenpeace", sagt er und warnt davor, mit Druck zu arbeiten oder gar zu dogmatisieren.

Die Wildnisseminare, die er bisher leitete, seien "niederschwellige Angebote". Geeignet für Menschen, die die Natur nachts nur mit einer Wolldecke erleben wollten und zugleich für andere, die Plastikgeschirr und Zelt mitbrachten. Doch gehe es allen gemeinsam darum, in der Natur zu sein und sich selbst als Teil davon zu sehen. Und das wünscht sich Hannes Müller auch für sich selbst zu Beginn seiner neuen Aufgabe. Dass er Teil dieser Kleinstadt wird, die kooperative Zusammenarbeit mit dem Träger, der Stadt Ebersberg, und dem Förderkreis so weiterführt, wie das seine Vorgängerin Ines Linke vormachte, und dabei auch immer noch Gestaltungsraum findet, seine Begeisterung zum Naturforschen auszuleben. Bevor er eigene Akzente setzt, möchte Müller aber erst einmal das gut sortierte Museum und all seine Exponate bis ins letzte Detail kennen lernen.

© SZ vom 17.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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