Nachwuchs für eine boomende Branche:Viel mehr als Putzen und Kochen

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Anna Fritzsche gehört zu den besten Prüflingen. (Foto: OH)

Anna Fritzsche aus Oberpframmern hat die Ausbildung zur Hauswirtschafterin besonders erfolgreich absolviert

Von Anna Horst, Oberpframmern

Kochen, Servieren, Instandhaltung - was für viele wie die Aufgabenbeschreibung einer Magd aus dem vorletzten Jahrhundert klingt, ist tatsächlich einer der wichtigsten Dienstleistungsbereiche der modernen Gesellschaft. Der Beruf der Hauswirtschaft kann sich vor veralteten Klischees kaum noch retten, umso schöner ist der junge Zulauf: 93 neue Meisterinnen des Faches gibt es in diesem Jahr in Bayern, zwei davon kommen aus dem Landkreis Ebersberg. Anna Fritzsche und Barbara Bauer bekamen kürzlich in Ansbach zusammen mit ihren Kolleginnen ihre Meisterbriefe überreicht.

Es waren samt und sonders Damen, die ihr Zeugnis in Empfang nehmen durften. "Es ist schon ein starkes Frauenfeld. Männer gibt es da im Grunde keine", sagt Fritzsche. In den Köpfen spuke eben immer noch das verstaubte Klischee von der putzenden Hausfrau herum, sagt die gelernte Landwirtin, die aus Aying stammt. Mittlerweile bewirtschaftet sie mit ihrem Mann einen Hof in Oberpframmern und arbeitet zusätzlich in Teilzeit in einem kleinen Grafinger Seniorenheim als Hauswirtschaftsleitung. Dort gehört viel mehr zu ihren Aufgaben, als nur zu putzen und zu kochen. Unternehmerisches Denken ist beim Managen von Ausgaben, der Kooperation mit internen und externen Partnern oder der Einhaltung von Qualität und rechtlichen Vorgaben gefragt. Meisterinnen wie sie übernehmen außerdem oft die Ausbildung von Berufsanfängern - als Hauswirtschaftsmeisterin ist man also ein echtes Allround- Talent.

Tätig sind sie in privaten Betrieben, Dienstleistungsunternehmen oder Einrichtungen des Gesundheits- und Sozialwesens. Dazu zählen beispielsweise Seniorenheime, Tagesstätten, Behinderteneinrichtungen oder Krankenhäuser, wo natürlich auch die individuellen Bedürfnisse der Menschen berücksichtigt werden müssen. Immer mehr solcher Betriebe geben die Organisation ihres vergleichsweise großen Haushaltes in professionelle Hände, schließlich ist das keine Arbeit, die sich mal eben nebenbei erledigen lässt. "Outsourcing" nennt sich dieses Phänomen, und es sorgt dafür, dass die Hauswirtschaft als Dienstleistungsanbieter immer mehr an Bedeutung gewinnt.

Junge Arbeitskräfte wie Fritzsche sind für die Branche deshalb extrem wichtig. Wie ihre Kolleginnen hat die Oberpframmernerin bei ihrem Einstieg in den Beruf eine dreijährige Ausbildung gemacht. Erst nach einigen Jahren Praxiserfahrung ist es dann möglich, die Meisterprüfung zu absolvieren. Diese besteht aus mehreren Teilen, beispielsweise muss ein sogenanntes Arbeitsprojekt selbst geplant, umgesetzt und anschließend bei einem Gespräch erläutert werden. "Mein Thema war die Vermarktung von Lammfleisch", erzählt Fritzsche. Aus Weidelammfleisch vom familieneigenen Hof hat sie in Handarbeit küchenfertige Produkte wie Grillspieße oder den Lammburger "Mäc Mäh" gemacht. Auch ein umfangreiches Werbekonzept inklusive eigenem Food-Blog gehörte zum Meisterprojekt. Und die Mühe hat sich gelohnt: Fritzsche wurde als eine von 36 Prüfungsteilnehmerinnen, die alle eine bessere Note als 2,5 hatten, mit dem sogenannten "Meisterpreis" ausgezeichnet. Dieser wird von der Bayerischen Staatsregierung an die besten 20 Prozent der Prüflinge vergeben. Fritzsche steht mit der Abschlussnote 1,24 sogar an der obersten Spitze. "Ich war selber ganz überrascht, als ich bei der Verleihung erfahren habe, dass ich die Zweitbeste aus ganz Bayern war", sagt Fritzsche und lacht etwas verlegen.

Im Moment erstellt die Oberpframmernerin ein Hygienehandbuch für das Grafinger Seniorenheim. Mit dem Meister in der Tasche möchte sie nun einen Direktvermarktungsbetrieb aufbauen und dort Lehrlinge ausbilden, außerdem will sie die Produkte ihres Hofes weiterverarbeiten und veredeln. Ein erster Schritt ist bereits getan: Im nächsten Jahr verkauft sie in Oberpframmern neben Eiern auch Bio-Obst .

© SZ vom 12.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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