Nachruf:Trauer um Tilde Putz

Lesezeit: 1 min

Tilde Putz, fotografiert von Carlton Bunce für das Buch "Lebensreisen II". (Foto: Carlton Bunce/oh)

Die Gründerin der Grafinger Frauen Union stirbt mit 96 Jahren.

Erst als die Wirtin mit Hausverbot droht, halten die Männer den Mund. Davor schimpften sie, als hätte jemand in der Grafinger Weinstube "Sirtl" die Revolution ausgerufen. Dabei haben sich nur ein paar Grafingerinnen getroffen, um einen Ortsverband der Frauen Union zu gründen. Frauen, die sich für Frauenthemen stark machten - das wollte nicht so ganz passen ins Grafinger Männerweltbild vom Herbst 1977. Tilde Putz, die vor wenigen Tagen im Alter 96 Jahren gestorben ist, sollte auf Jahrzehnte das wohl bekannteste Gesicht der Grafinger FU werden.

Dass liegt auch daran, dass sich die Sache aus dem "Sirtl" im Ort herumgesprochen hatte. "Da musst du mitmachen, hab ich gedacht", erzählte sie einmal. Ein paar Wochen später wollte sie mit einer Freundin beim Italiener am Eisstadion essen gehen. "Da kam die FU-Vorsitzende Rita Rottenfußer, die für die SZ gerade nebenan ein Spiel fotografiert hat, rüber und sagt: 'Sie werden unsere neue Vorsitzende!'" Im Februar 1979 ist es so weit. Tilde Putz wird für fast 25 Jahre die Spitze bekleiden.

Es ist ihre Mischung aus freundlicher Unverblümtheit und strenger Herzlichkeit, mit der sie schnell erfolgreich wird. "Irgendwann in den 80er Jahren stand eine junge Mutter bei mir, die hätte fast zu arbeiten aufhören müssen." Der Sohnemann aus der ersten Klasse hatte nichts, wo er den Nachmittag hätte verbringen können. Die "Aktionsgemeinschaft Kleinstschülerbetreuung" entstand - und in der Münchner Straße machte der erste Hort auf. Er hieß nur noch nicht so.

Große Würfe lagen Tilde Putz mehr als ein bisschen Politkosmetik. Und erfolgreich war sie damit obendrein. Wenn überhaupt hätte es den Kindergarten in Straußdorf zum Beispiel erst viel später gegeben. "Das war doch ein Schmarrn, dass die Straußdorfer ihre Kinder immer nach Grafing gefahren haben." Im alten Ortsteil-Schulhaus hätte ohnehin einiges leer gestanden. Kleine Toiletten für Grundschulkinder waren auch schon da. Also ging Putz zum damaligen Grafinger Bürgermeister Alois Kleinmaier. "Dann macht's halt", habe der geantwortet. Das Ende der Geschichte: Die Vereine aus dem Erdgeschoss gingen in den ersten Stock, unten zog der neue Kindergarten ein.

Das Requiem findet am Mittwoch, 20. Juli, um 14 Uhr in der Pfarrkirche St. Ägidius mit anschließender Urnenbeisetzung auf dem Waldfriedhof statt.

© SZ/thri - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: