Nach langem Stillstand :Reset beim Breitbandausbau

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Seit 2017 sucht Ebersberg vergeblich eine Firma, die in den kleinen Ortschaften schnelles Internet anbietet. Nun könnte die Stadt selbst tätig werden

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Gerade auf dem Land dauert es ja manchmal etwas länger, bis man im Internet ist - was offenbar auch für den Ausbau der zugehörigen Infrastruktur gilt. Vor fast genau drei Jahren hatte der Finanz- und Verwaltungsausschuss des Stadtrates ein Ausbauprogramm für Breitbandinternet in den kleineren Ortschaften Ebersbergs auf den Weg gebracht, nun wird er dies bald erneut tun müssen.

Der Ausschuss heißt zwar seit Mai "Finanzen, Wirtschaft und Digitales", mit letzterem steht es aber nicht zum Besten, wie in der ersten Sitzung des Gremiums seit der Wahl zu erfahren war. Josef Ledermann vom gleichnamigen Ingenieurbüro hatte von der Stadt den Auftrag erhalten, eine Ausschreibung für den Breitbandausbau in den Ortschaften vorzunehmen. Diese erfolgte Ende 2018, zwei Firmen hatten zunächst Interesse angemeldet, Amplus und die Deutsche Telekom. Doch beide zogen letztlich ihre Angebote zurück, so dass es vergangenes Jahr eine weitere Ausschreibung gab. Damals kam überhaupt nur ein Angebot, die Deutsche Glasfaser hätte den Ausbau für 3,5 Millionen Euro übernommen, gut doppelt so viel, wie die Anbieter in der ersten Runde verlangt hätten. Abzüglich der Fördermittel hätte die Stadt rund 2,3 Millionen Euro davon übernehmen müssen. Nachverhandlungen mit der Deutschen Glasfaser über ein etwas reduziertes Auftragsvolumen seien erfolglos geblieben, so dass auch hier keine Vergabe erfolgte.

Laut Ledermann könnten Angermann, Bärmühle und Pollmoos, Schrankenschneider, Au, Gsprait, Dieding, Aepfelkam und Traxl, Vorder- und Hinteregglburg, Hörmannsdorf, Zieglhof, Egglsee, die Ludwigshöhe und Mailing trotzdem schnelles Internet bekommen, dank eines neuen Förderprogramms. Dieses finanziert im Gegensatz zum vorangegangenen den Eigenausbau der Netze durch die Kommune. Bei einem ähnlichen Kostenrahmen, wie ihn die Glasfaser angegeben hat, läge der Eigenanteil der Stadt bei nur noch 1,5 Millionen Euro. Auch sei eine bessere Versorgungssicherheit gegeben, wäre Ebersberg im Besitz der Leitungen. Denn bei einer Vergabe des Ausbaus an einen Telekom-Konzern, sei dieser nur für sieben Jahre zum Betrieb des Netzes verpflichtet. Voraussetzung dafür, dass die Stadt beim Selbstausbau Fördergeld bekomme, sei allerdings, dass man einen Pächter und Betreiber für das neue Netz finde. Laut Ledermann könnte der Ausbau in den kommenden drei bis vier Jahren stattfinden.

Woran es im Ausschuss angesichts der Vorgeschichte einige Zweifel gab: "Das werden unsere Enkelkinder einmal nutzen können", meinte Florian Brilmayer (CSU). Es sei "schon frustrierend", wenn sich nun zeige, dass in den vergangenen Jahren "nichts erreicht wurde". Auch Susanne Schmidberger (Grüne) sagte: "Wir brauchen hier mal ein Erfolgserlebnis." Brilmayers Fraktionskollege Hans Hilger sah Ledermann hier in der Verantwortung, dass ein solches ausgeblieben war: "Wir haben Sie mit der Ausschreibung beauftragt, warum ist nichts passiert?" "Man kann die Firmen nicht zwingen, einen Vertrag zu unterschreiben", entgegnete dieser. Amplus habe überraschend zurückgezogen, die Telekom als Zweitplatzierter sei dann auch zurückgetreten, "für marktwirtschaftlich orientierte Firmen sind die Außenbereiche nicht interessant".

Dies liege an den Rendite-Vorgaben der Firmen, welche die Stadt als Bauherr nicht erfüllen müsse, so Ledermann auf die Frage von Dritter Bürgermeisterin Lakhena Leng (Grüne), warum er eine Umsetzung im Eigenbaumodell empfehle. Christoph Münch (SPD) stellte die Frage, ob man die Kosten vielleicht durch eine andere Technik senken könne, etwa Richtfunk statt Erdkabel. Dies hätten die Firmen umsetzen können, so Ledermann, in der Ausschreibung stehe ausdrücklich keine zu verwendende Technik. Aber offenbar sei auch dies nicht attraktiv gewesen. Josef Peis (Pro Ebersberg) wollte wissen, ob die Stadt ein Richtfunknetz im Eigenbau umsetzen könnte, das dann schneller und billiger zu haben sei. Bauen könnte man es durchaus, sagte Ledermann, die Frage sei aber, ob man aber dafür einen Pächter findet. Auch sei die Funkvariante möglicherweise nicht in voller Höhe förderfähig, wegen der möglicher Probleme bei der Zuverlässigkeit.

"Ich verstehe, dass es frustrierend ist", fasste Bürgermeister Ulrich Proske (parteilos) zusammen. Einen Beschluss darüber, wie es mit dem Breitbandausbau weitergeht, fasste der Ausschuss nicht, dies soll in einer kommenden Sitzung entschieden werden.

© SZ vom 05.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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