Nach Familiendrama:Schock für Ebersberger Klinik

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Der Mann, der im Schwesternwohnheim des Krankenhauses seine Mutter und seine Schwestern mit einem Messer angegriffen hat, war offenbar psychisch krank. Er hatte seiner Familie schon früher gedroht

Von Clara Lipkowski, Ebersberg

Am Tag nach dem Messerangriff eines 30-Jährigen auf Familienangehörige an der Ebersberger Kreisklinik ist über die Umstände weiterhin vieles im Unklaren. Bekannt ist, dass der Mann am Dienstagnachmittag um etwa 16.45 Uhr im angrenzenden Schwesternwohnheim in der Von-Scala-Straße auf seine Mutter und seine beiden Schwestern eingestochen hat. Anschließend fügte er sich mit dem Messer selbst Verletzungen zu und starb noch am Tatort, wie das Polizeipräsidium Oberbayern-Nord am selben Abend mitteilte.

Seine Mutter verletzte der 30-Jährige so schwer, dass sie umgehend mit einem Rettungshubschrauber in eine Klinik nach München geflogen werden musste. Am Mittwoch dann konnte die Polizei Entwarnung geben: Die 52-Jährige war außer Lebensgefahr, ihr Zustand stabil. Die beiden Schwestern erlitten leichte Verletzungen und wurden im Ebersberger Kreiskrankenhaus behandelt. Am Mittwoch standen sie noch unter Schock und konnten daher zunächst nicht vernommen werden. Zum Tathergang machte die Polizei deswegen bislang nur wenige Angaben.

Für den Einsatz am Dienstagabend hatten die Ebersberger Polizisten Verstärkung aus umliegenden Inspektionen bekommen. Auch die Spurensicherung hat den Tatort gleich nach der Tat begutachtet. (Foto: Christian Endt)

Der Mann hatte mit den beiden jüngeren Schwestern die Mutter besucht. Sie ist Laborangestellte in der Ebersberger Kreisklinik und lebt in dem Wohnheim in einem Bereich für etwa 80 Mitarbeiter, die jeweils eigene Apartments bewohnen. In ihrer Wohnung hatten die drei Geschwister die Mutter besucht, dort kam es zum Streit. Daraufhin griff der Täter erst seine Mutter und dann seine Schwestern mit einem Messer an.

Dieses hatte er entweder zuvor aus der Küche der Wohnung entwendet oder mit ins Wohnheim gebracht, definitive Angaben dazu wollte die Polizei am Mittwochnachmittag nicht machen, bezeichnete es aber als "naheliegend", dass das Messer wohl aus der Küche stammte. Nach dem Angriff auf seine Familie verließ der Mann das Apartment und ging durch einen Glasdurchgang in einen anderen Gebäudeteil. Dort fügte er sich so schwere Verletzungen mit dem Messer zu, dass er trotz der Hilfe, die nur wenige Minuten später eintraf, an Ort und Stelle starb.

Während er im Haus unterwegs war, hat er offenbar niemand anderen bedroht oder angegriffen. "Der Angriff war nur innerhalb der Familie", sagte Polizeisprecher Peter Grießer, andere Bewohner seien nicht involviert gewesen, das habe auch eine unabhängige Zeugin inzwischen bestätigt. Der Mann war vermutlich psychisch krank und habe schon früher Familienmitgliedern gedroht, bestätigte Polizeisprecher Grießer. Warum er in das andere Gebäude gegangen ist, war zunächst unklar. Laut Stefan Huber, Geschäftsführer des Klinikums, sei der Mann in der Situation offenbar "ziemlich wahllos losgelaufen". Ob sich der 30-Jährige im Gebäude auskannte, ist noch ungeklärt. Polizeisprecher Grießer zufolge hatte der Mann zuletzt offenbar keinen festen Wohnsitz. Der Täter habe im Großraum München "immer mal wieder woanders" gelebt, sagte er.

Der Mann flüchtete vom Tatort in einen angrenzenden Gebäudeteil. Andere Menschen griff er aber nicht an. (Foto: Christian Endt)

Im Ebersberger Krankenhaus versucht man am Tag nach der Tat, das Geschehen zu verarbeiten. Geschäftsführer Huber, sagte, Mitarbeiter seien geschockt von dem Ereignis. Er selbst war noch am Dienstagabend informiert worden, in solchen Fällen geht im Klinikum eine "Katastrophenkaskade" los, mit der die leitenden Kräfte im Haus informiert und dann die entsprechenden Gebäudeteile abgeriegelt werden.

Etwa zehn Einsatzwagen der lokalen und umliegenden Polizeiinspektionen und zusätzlich Rettungssanitäter waren im Einsatz. Noch am Abend kam die Spurensicherung und am Mittwochmorgen zwei Fachkräfte, um die Tatorte zu räumen. Sie waren noch am Mittag damit beschäftigt, Teppichboden zu entfernen und die Räume mit einer chemischen Lösung zu reinigen. Klinik-Geschäftsführer Huber sagte, dass die Räume saniert und erneuert würden.

Schärfere Sicherheitsvorkehrungen will er nun aber nicht einführen. "Das Gebäude ist ein ganz normales Wohnhaus, für Pflege- Verwaltungs- oder ärztliches Personal. Wir haben eine Haustür und eine Sprechanlage. Es ist absolut üblich, dass Familie zu Besuch kommt. Selbst wenn wir jetzt einen Sicherheitsmann hinstellen würden - er würde Familienangehörige ja auch nicht abweisen."

Bis sich ein Gesamtbild des Tathergangs ergibt, werden wohl noch einige Tage vergehen, wenn alle Betroffenen und Zeugen gehört werden konnten.

© SZ vom 31.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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