Musiktheater:Die Auferstehung der magischen "Bayerischen Rauhnacht"

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Die "Bayerische Rauhnacht" ist bekannt für ihre mystisch-unheimliche Atmosphäre. (Foto: SZ-Archiv)

Eine tolle Truppe erweckt das legendäre Musiktheater der Kirchseeoner Band "Schariwari" nach zwölf Jahren Spielpause erneut zum Leben.

Von Anja Blum

Der Sensenmann hat bekanntlich mit Auferstehung ziemlich wenig am Hut. Sein Metier ist ja vielmehr die dunkle Seite der Ewigkeit. Schariwari aber macht's möglich: Die Kirchseeoner Band hat den Tod einst sterben lassen - und erweckt ihn nun wieder zu neuem Leben. Neben Trollen, Druden, Perchten und Hexen gehört der gruselige Gevatter nämlich zum Ensemble der "Bayerischen Rauhnacht", einem mystischen Musiktheater made in Ebersberg, das nun, nach zwölf Jahren Spielpause, ein sensationelles Comeback erleben soll. Anfang Dezember wird Schariwari seinen Zaubertroll aus dem hohen Norden wieder zur Rauhnacht nach Bayern bitten.

Vor mittlerweile 22 Jahren, 1996, feierte das Spektakel Premiere. Grundlage dafür waren mehrere Kult gewordene Schariwari-Songs rund um den Volksglauben der Rauhnächte, die die Musiker nicht mehr länger nur spielen, sondern auch visualisieren wollten. "Die erste Idee war, den Kirchseeoner Perchten-Vater Hans Reupold Senior einfach in einen Ohrensessel zu setzen und Geschichten lesen zu lassen", erinnert sich Günther Lohmeier, einer der beiden Gründer von Schariwari.

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Doch es wurde mehr daraus, viel mehr: Die richtigen Menschen erfuhren von dem Projekt, Begeisterung und Elan taten das ihrige, und schnell entwickelte die Bayerische Rauhnacht sich zum kreativen Exportschlager des Landkreises. Mehr als 200 Mal ging das "Mystical", eine Mischung aus Konzert, Volkstheater und Märchenstunde, allwinterlich über die Bühnen - und heimste etliche Auszeichnungen ein. Höhepunkt war der deutsche Rock- und Pop-Preis in der Kategorie Musical. Um das Maß der Ehre richtig einzuordnen: Die Entscheidung fällten nicht etwa Hinz und Kunz, sondern Größen wie Peter Maffay, Udo Lindenberg und Wolfgang Niedecken.

Rauhnächte sind die Zeit um die Wintersonnwende. Die Abende werden dunkler - Mystik und Magie halten Einzug. Das Musiktheater von Schariwari erzählt, wie ein Zaubertroll aus dem hohen Norden auf seinen Wanderungen durch die Welten das knorrige Holzmandl besucht. Gemeinsam tauchen sie ein in die Welt der Sagen, Mythen und Legenden, in der Perchten, Hexen, Druden und Dämonen lebendig sind.

Hinzu kommt poetisch-mystische Musik - ein beeindruckendes Gesamterlebnis. Noch heute schwärmen die Beteiligten vom Zauber der Premiere in Kirchseeon: Der totale Wintereinbruch, die Aufregung, und dann wirbelten die Ventilatoren statt nur frischer Luft glitzernden Pulverschnee ins Scheinwerferlicht. Ein magischer Moment. "Das sind Bilder, die bleiben."

Vor mittlerweile 22 Jahren, 1996, feierte das Spektakel Premiere. (Foto: SZ-Archiv)

Doch nach zehn Wintern war Schluss, schließlich soll man aufhören, wenn's am schönsten ist. Leicht fiel das der Truppe allerdings nicht. Bei der letzten Vorstellung 2006 in Kirchseeon rang so mancher mit der Fassung. Schließlich war die Rauhnacht für ihre Macher immer etwas Besonderes - weswegen es nun auch zur Neuauflage kommt.

Zum Bandjubiläum 2017, 40 Jahre Schariwari, da trafen sich viele aus dem Rauhnacht-Team, schwelgten in Erinnerungen und träumten von einer Wiederbelebung des Kultstücks. Im Sommer dann war diese endgültig beschlossen, von Produzent Günther Lohmeier und Regisseur Matthias von Stegmann, auf deren lange Freundschaft das ganze Projekt zurückgeht.

Dass die Rauhnacht seit Beginn an auch über Schariwari hinaus Menschen begeistert, ist wohl einer der Gründe ihres Erfolgs, denn auf und hinter der Bühne agiert geballte Kompetenz. Autor und Regisseur Matthias von Stegmann zum Beispiel ist eigentlich im Film- und Opernmetier beheimatet, in seiner Biografie tauchen auf: die Bayreuther Festspiele, das Royal Opera House in London, das National Theatre in Tokio, die Metropolitan Opera in New York sowie etliche namhafte, internationale Kinoproduktionen.

Ebenfalls Männer der ersten Rauhnacht-Stunde sind Lichtdesigner Christian Schatz, der bereits mit dem Popsänger Chris de Burgh auf Welttournee war, der japanische Bühnenbildner Masumi Miura, Kulissenmaler der Bayerischen Staatsoper, sowie Tontechniker Dominik Arnold, der sonst für Jazz-Größen wie Klaus Doldinger oder Till Brönner arbeitet.

Der Tod, die Hexe und Frau Luz werden wieder dargestellt von Eric Brown aus San Diego, der als klassischer Tänzer unter anderem mit der San Francisco Ballet Company gearbeitet hat. 69 Jahre ist Brown mittlerweile alt, aber offenbar fit wie ein Turnschuh. Als Musiker und Experte fürs alpenländische Brauchtum ist Rainer Eglseder von den Kirchseeoner Perchten an Bord, Schlagzeuger Stevie Moises und Lichtmann Tom Patch gehören ebenfalls zur Stammbelegschaft.

Lassen die „Bayerische Rauhnacht“ wieder aufleben: Rudi Baumann, Günther Lohmeier, Franz Maier-Dini, Stevie Moises, Rainer Eglseder, Matthias von Stegmann, Markus Bachmeier und Maresa Sedlmeir. (Foto: Christian Endt)

Aber auch die neuen Namen können sich lesen lassen, etwa die der beiden Hauptdarsteller: Das Holzmandl wird gespielt von Johann Schuler, bekannt aus vielen bayerischen Filmen, von der Iberl-Bühne und vom Münchner Volkstheater. Den Zaubertroll verkörpert Maresa "Mesi" Sedlmeir, eine gefragte Synchronsprecherin und aus einer Schauspieler-Dynastie stammend: Sie ist Urenkelin von Paul Hörbiger und Nichte von Christian Tramitz. "Eine tolle Künstlerin und sehr quirlige Person", schwärmt von Stegmann. Sedlmeir selbst erklärt, sie sei vor allem aufgeregt, schließlich sei die Rauhnacht ihre erste Bühnenerfahrung.

Als neuen Sänger und Gitarristen wird man Rudi Baumann erleben können, Keyboard spielt Josef Bartl. Um die Gewänder kümmert sich Renate Stoiber, die lange in Bayreuth tätig war. "Aber das Schöne ist: Egal, ob Netrebko oder Mesi - der Anspruch ist immer derselbe", sagt von Stegemann. Eine Einstellung, die alle teilen. "Keiner hier ist wichtig, es geht allein um die Rauhnacht", sagt Franz Meier-Dini. Der Schariwari-Bassist ist neu hinzugestoßen, zeigt sich aber schon jetzt begeistert vom familiären Zusammenhalt der Truppe.

Schön zu erkennen ist dieser auch an der Namensliste für die Presse: Sie ist nach Alphabet geordnet. Aus gesundheitlichen Gründen leider nicht dabei sein kann Hans Reupold, Gründer von Schariwari und einst Motor der Rauhnacht. "Wir haben immer gesagt, wenn einer nicht mehr kann, macht der andere weiter", sagt sein Freund Lohmeier. "Ich tu das auch für ihn."

Dem Publikum soll die Rauhnacht 2018 wie ein guter, alter Bekannter begegnen: irgendwie neu, aber doch vertraut. Die Songs sind größtenteils die selben, die Geschichten und Dialoge aber hat von Stegmann mal mehr, mal weniger modifiziert. "Es soll alles ein bisschen frecher, lustiger, moderner sein." Die Substanz jedoch sei freilich geblieben. Ganz so, wie es sich für eine echte Auferstehung gehört also.

"Die bayerische Rauhnacht" von "Schariwari", am Donnerstag und Freitag, 6./7. Dezember, im Alten Speicher Ebersberg, ist ausverkauft. Am Sonntag, 9. Dezember, um 18 Uhr findet sie im KuKo Rosenheim statt, Ticktets unter (08031) 365 93 65 oder www.veranstaltungen.kuko.de, am Dienstag und Mittwoch, 1./2. Januar, um 20 Uhr, im Bürgersaal Ergolding, Tickets unter (08071) 294 75 oder www.maennerladen24.de.

© SZ vom 17.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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