Monatliche Treffen:Für eine weiblichere Politik

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Frauen-Power im Bayerischen Landtag: Die liberalen Frauen aus dem Landkreis Ebersberg zu Besuch bei Martin Hagen, dem Fraktionschef der Bayern-FDP. (Foto: Privat)

Die FDP-Frauen im Landkreis wollen sich besser organisieren und rufen einen regelmäßigen Stammtisch ins Leben

Von Alexandra Leuthner, Ebersberg

Dass Frauen in Deutschland wählen dürfen und gewählt werden können, ist längst eine Selbstverständlichkeit. Gerade in der vergangenen Woche jährte sich der Tag, an dem Frauen zum ersten Mal ihre Stimme für die Wahl eines deutschen Parlaments abgeben durften, zum 100. Mal. Doch der Blick in den Bundestag und die Länderparlamente zeigt, dass der Anteil an weiblichen Abgeordneten dort wieder sinkt. Für die liberalen Frauen im Landkreis ist das einer der Gründe, warum sie sich besser organisieren wollen. An jedem zweiten Montag im Monat wollen sie sich künftig zu einem Stammtisch treffen.

An wechselnden Orten wolle man sich zusammen finden, erklärt Petra Rawe, Beisitzerin im FDP-Vorstand Vaterstetten und im Kreisvorstand Ebersberg. So wolle man es allen in der Kreis-FDP organisierten Frauen - sie stellen 30 Prozent der Mitglieder - leichter machen, an den Treffen Teil zu nehmen. "Wir wollen die Veranstaltungen so legen, dass sie frauen- und familienfreundlich sind." Der Reitsberger Hof in Vaterstetten sei solch ein Ort, erklärt die Geschäftsführerin eines IT-Unternehmens aus Baldham. Dort könnten Mütter ihre Kinder auch mitbringen, wenn sich keine Betreuung für sie finden lasse. "Es ist uns wichtig, dass Frauen sich Zeit für Politik nehmen können." Susanne Markmiller, FDP-Kreisschatzmeisterin und Delegierte im Bezirksparteitag, weiß, was es heißt, sich politisch zu engagieren, wenn Frau Kinder hat. Sie ist selbst zweifache Mutter und engagiert sich seit 18 Jahren in der FDP. Sie sei zwar bei ihren männlichen Parteifreunden immer auf offene Ohren gestoßen, erzählt die Rechtsanwältin, "aber trotzdem ist es schwer, alles unter einen Hut zu bekommen." Vielen Frauen fehle doch am Ende des Tages einfach die Kraft für die Politik, "und wir suchen Wege, das hinzubekommen."

Bei den Stammtischtreffen sollen aber mitnichten nur Frauenthemen besprochen werden, vielmehr gehe es auch darum, den weiblichen Blick auf die Gesellschaft zu schärfen - "auch ,männliche Feministen' sind durchaus willkommen", sagt Rawe. "Im letzten Jahr hatten wir tatsächlich mehr weibliche Eintritte in die Partei als männliche." Als Folge des Lindnereffekts will sie das aber nicht sehen, vielmehr sei es wohl so, dass viele Frauen festgestellt hätten, "dass eklatant etwas nicht stimmt". In der Arbeitswelt ebenso wie in der Politik. Es habe sich eine größere Sensibilität dafür entwickelt, dass Frauen oft immer noch weniger wert geschätzt würden, nicht die gleiche Anerkennung fänden wie Männer. "Ich habe den Eindruck, dass das auch mit dem aggressiven männlichen Wahlkampf zu tun hat, der in Bayern geführt wurde". Viele Frauen hätten sich doch darüber gewundert, was mit Ilse Aigner passiert sei, die ja als Mitfavoritin auf eine CSU-Spitzenkandidatur gehandelt worden war. Ihr jetziger Posten als Landtagspräsidentin wird von vielen Beobachtern als das Abschieben einer ungeliebten Konkurrentin aufs politische Abstellgleis empfunden.

Diese Erfahrung, als Frau zwar nun "überall hinzudürfen", dort aber nach den Spielregeln der Männer spielen zu müssen, machten viele Geschlechtsgenossinnen, erklären Rawe und Markmiller. "Es gibt viele Möglichkeiten, Frauen auszubooten, gerade wenn sie Kinder haben." Da werde dann eben die wichtige Sitzung auf den Nachmittag gelegt, es werde mit Versetzungen gearbeitet, "oder sie müssen ganz schnell eine Reise machen. Das ist nicht zu organisieren." Dabei müsste es doch gerade in Gegenden wie dem Münchner Raum, wo ein Alleinverdiener das Wohnen kaum finanzieren könne, im Interesse beider Seiten sein, dass Frauen im Beruf die gleiche Anerkennung fänden. Ein bisschen fühle sie sich auch von der "me-too-Debatte" betroffen, sagt Susanne Markmiller. "Nicht direkt, aber wenn ich mir die Diskussionen im Netz anschaue und die Art, wie dort gerade Frauen beschimpft werden, dann empfinde ich das als Gewalt."

Selbstverteidigungsstrategien sollen ebenso auf der Themenliste des Stammtischs stehen, wie das Funktionieren von Politik. "Viele Frauen wissen ja gar nicht, wie so eine Partei überhaupt arbeitet." Welche Themen und Ansätze andere Frauenzusammenschlüsse haben, wollen die Liberalen über die Vernetzung mit den Landfrauen oder den Jungen Unternehmerinnen erfahren. Eines stellen die beiden Damen schließlich klar: "Es geht uns nicht darum, die Männer in der Partei zu unterwandern, sondern darum, unsere Themen in die Ortsverbände einzubringen. Beim Neujahrsempfang des FDP-Kreisverbands in Zorneding am Dienstag, 5. Februar, wollen die neu organisierten liberalen Frauen gleich mal Flagge zeigen. Als Rednerin ist die frauenpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Nicole Bauer, geladen und spricht über "Mehr Frauen in der Politik".

Der Neujahrsempfang des FDP-Kreisverbands beginnt am Dienstag, 5. Februar, um 19 Uhr im Gasthof Neuwirt in Zorneding. Der nächste Stammtisch wird am Montag, 11. Februar, im Restaurant Poseidon, Kastanienweg 8, in Baldham stattfinden. Beginn ist um 19.30 Uhr.

© SZ vom 05.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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