Modellflugverein:Zum in die Luft gehen

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Die geplante Ansiedlung von BMW und Krauss Maffei in Parsdorf bedeutet das Aus für den Flugplatz der Red Barons. Der zugelassene Flugsektor ragt genau in das neue Gewerbegebiet hinein

Von Alexandra Leuthner, Vaterstetten

"Wir heben ab" steht auf der Internetseite der Red Barons. Doch wenn es so ausgeht, wie es aussieht, dann werden die Flugzeugmodelle des Kirchheimer Vereins spätestens in der Sommersaison 2020 wohl am Boden bleiben müssen. Diesen Herbst sollen in Parsdorf die Bagger anrücken und das Gelände neben dem Flugplatz für zwei potente Akteure vorbereiten: BMW und Krauss Maffei wollen sich genau im Flugsektor der Modellflieger ansiedeln.

Fast 25 Jahre ist es her, dass die Vereinsmitglieder der ersten Stunde das 50 mal 180 Meter große Gelände an der Grenze zwischen Vaterstetten und Poing übernommen haben. Auf dem kleinen Zwickel Land, das dem Staatsgut Grub gehört, haben sie sich eine Landebahn eingerichtet, die im Sommer zweimal pro Woche gemäht wird, ein Hütterl hingestellt und Bäume gepflanzt, auch um das Flugfeld vom Zuschauerbereich abzugrenzen. Bis zu 25 Kilo darf so ein Fluggerät wiegen. Sollte doch mal eines ungeplant herunter kommen, blutet das Herz seines Besitzers, der gerade Hunderte von Arbeitsstunden - und bis zu 7000 Euro - hinein gesteckt hat. Es kann aber auch gefährlich werden, für jeden, der darunter steht. Weshalb es für den Club mit seinen 110 Mitgliedern auch so schwer ist, einen Ersatz für das unbebaute Gelände zu finden, über dem sie schon mal ein Bobbycar in die Luft schicken, dem sie Flügel verliehen haben.

"So ein Gelände findest du in München nicht wieder," erklärt Frank Joost, der Vorsitzende, bei einem Treffen von Vereinsverantwortlichen in Salmdorf bei Haar. Der zweite Vorsitzende, Ralf Maria Strübel, hat sich hier eine Werkstatt gepachtet, um in Ruhe an seinen Fluggeräten sägen, schrauben und tüfteln zu können. So wie sie den Platz selber hergerichtet haben, wovon Werner Endraß, den die anderen "Vereinsurgestein" nennen, erzählt, bauen sie auch ihre Segler, Motorflieger und Jetmodelle selbst. "Ich hab' mit zehn Jahren angefangen", erzählt Strübel und seine Augen glänzen, wenn er ins Erzählen kommt. Er nimmt einen kleinen Motorblock von der Wand und wiegt ihn liebevoll in der Hand. "Du arbeitest mit Holz, Elektronik, du musst lackieren, Gewinde schleifen. Ein tolles Hobby, bei dem man quer denken muss und wirklich viel lernt." Auf hüfthohen Holzböcken liegen die Rohlinge für zwei lange Flügel, zusammen gesetzt werden sie eine Spannweite von sieben Metern ergeben. Jede Querstrebe, jedes Blatt ist millimetermetergenau ausgesägt, aus besonders leichtem Balsaholz. Sie nehmen fast den gesamten Raum ein. Der Rumpf - Strübel deutet auf einen weiteren Holz-Rohling, der zwischen Werkzeugbrettern, kleineren Flugzeugmodellen, alten Bausätzen und Rollen mit schimmernder Bügelfolie zur Bespannung lehnt - kommt auf eine Länge von 3,86 Metern. Klar, dass sich so ein Hobby nicht im Wohnzimmer pflegen lässt.

Platz ist das Stichwort für die Modellflieger. Platz brauchen sie nicht nur am Boden, sondern vor allem in der Luft, Platz nach oben, nach Osten, Westen, Norden und nach Süden. Einen Radius von 300 Metern, in dem ihre Flugzeuge sich bewegen dürfen. Über der Innenstadt fliegen, über der Bevölkerung, das komme nicht Frage, sagt der frühere Jugendwart Sebastian Scheinig - weshalb die Red Barons für Drohnenpiloten auch nichts übrig haben. "Das ist Feindesland". Werner Endraß spuckt das Wort förmlich aus. "Wir reden hier nicht über ein Spielzeug, wir reden über ein Sportgerät", betont Frank Joosten. Der Vorsitzende des Vereins kennt die Fliegerei nicht nur von der Warte des Hobbypiloten aus, der mit der luftigen Höhe oben nur per Fernsteuerung verbunden ist, sondern tatsächlich aus der Vogelperspektive. Der Feldkirchner war selbst hauptberuflich Pilot - und kann von der Fliegerei gar nicht genug kriegen.

Weshalb er und seine Vereinsfreunde auch im vergangenen Frühjahr zunächst mit der Staatsregierung und dann mit der Gemeinde Vaterstetten Kontakt aufnahmen, als klar wurde, dass ihr Flugkorridor künftig genau durch die Gewerbehallen verlaufen würde. Der Vaterstettener Wirtschaftsförderer Georg Kast hatte zugesagt, ihnen helfen zu wollen. Leider ohne Erfolg. Eine einzige Fläche sei in Betracht gekommen, erklärte Kast, das Feld eines Bauern zwischen Weißenfeld und Vaterstetten, den die Flieger gefragt hatten. Der Bauer hätte auch gewollt, bestätigen Kast und Joosten, musste aber einen Rückzieher machen, weil er das Gelände vielleicht selbst braucht, wenn die Umgehungsstraße realisiert wird. "Ich finde in ganz Vaterstetten keine sechs Hektar mehr, die in Frage kommen", sagt Kast. Den Red Barons, zu denen er nun seit längerem keinen Kontakt mehr hat, rät er, sich an den Freistaat zu wenden, "zum Staatsgut Grub gehören 600 Hektar, da müsste sich doch was finden lassen".

Auch das aber haben die Modellflieger, längst - und ohne Erfolg - getan. Sie fühlen sich allein gelassen mit ihrem Hobby und ihren Argumenten: Ihre Nachwuchsarbeit, das Ferienprogramm, das sie seit Jahren für Vaterstettener Kinder anbieten, die große Zahl an Mitgliedern, die Gemeinnützigkeit, ihre sportlichen Erfolge. Selbst die Argumente der Naturschützer, die gegen das Gewerbegebiet mit Verweis auf dort brütende Feldlerchen auf die Barrikaden gehen, haben sie sich zu eigen gemacht. Nichts hat geholfen. So wird die Zeit für die Red Barons langsam knapp.

© SZ vom 02.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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