Mitten in Zorneding:Spaziergang im Paragrafenwald

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Wer künftig mit seinen Kindern durch die Gemeinde schlendert muss aufpassen, um nicht mit dem Gesetz in den Konflikt zu kommen. Grund ist die neue Grünanlagensatzung

Kolumne von Andreas Junkmann

Wer mit seinen Kindern bei sonnigem Wetter gemütlich durch Zorneding schlendern möchte, sollte sich das künftig ganz genau überlegen. Denn die Gefahr dabei mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen, ist seit der jüngsten Sitzung des örtlichen Gemeinderates exorbitant gestiegen. In dieser nämlich haben die Mitglieder beschlossen, der seit nunmehr 33 Jahre gültigen sogenannten Grünanlagensatzung ein Update zu verpassen. Darin ist geregelt, wie man sich im öffentlichen Raum zu verhalten hat - oder eben nicht. Und besonders bei letzterem gibt es seit der Überarbeitung einiges zu beachten.

So ist es nun offiziell verboten, auf gemeindlichen Freiflächen "Bäume oder nicht zum Spiel bestimmte Bauwerke oder Einrichtungen zu besteigen". Im Klartext heißt das: Kraxelt ein Kind auf einen Baum, gibt's Ärger mit dem Rathaus. Gleiches gilt, sollte jemand so verwegen sein, in einer öffentlichen Anlage Fahrrad zu fahren. Auch dann würde derjenige unliebsame Bekanntschaft mit Paragraf drei der Grünanlagensatzung machen. Dem ein oder anderen im Gremium war das zu viel der Bürokratie, die sonst so besonnene Bianka Poschenrieder (SPD) sah sich gar zu einer rhetorischen Grundsatzfrage an die Kollegen veranlasst: "Ja wo leben wir denn?!" Um dann nachzuschieben, die Regelungen seien "dermaßen übertrieben und massiv daneben".

Dieser Ansicht war allerdings nicht jeder, und so brachte Hubert Röhrl (Freie Wähler) die Intention der Gemeinde für die Satzungsüberarbeitung süffisant auf den Punkt: "Wenn ein Kind vom Baum fällt, ist nicht das Kind schuld, sondern der Baum." Auch Rathauschef Piet Mayr (CSU) sagte, man müsse sich da einfach absichern. Und überhaupt sei das alles auch gar nicht so wild, man könne schließlich jederzeit auf kurzem Dienstweg eine Ausnahmegenehmigung bekommen. Ob das nun bedeutet, dass sich Familien, die einen Sonntagsspaziergang planen, am Freitag davor eine Bescheinigung für mögliches Bäumeklettern im Rathaus abholen müssen, ließ der Bürgermeister jedoch offen. Und auch in der Satzung selbst wird diese Frage als eine der wenigen nicht geklärt.

© SZ vom 24.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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