Mitten in Vaterstetten:Guter Stoff für ein Tatörtchen

Zum Glück reicht die hiesige Kriminalität noch nicht für Primetime-TV

Kolumne Von Korbinian Eisenberger

Die Polizeiinspektion Poing hat einen in vielerlei Hinsicht bereichernden Pressebericht herausgegeben. Unter dem Titel "Sachbeschädigung an einem Kraftfahrzeug" meldet das Präsidium einen nächtlichen Vorfall in Vaterstetten: Offenbar hat jemand in der Nacht auf Donnerstag seine Wut an einem Auto ausgelassen. Genauer gesagt: An einem "in Purfing am Straßenrand geparkten Cabriolet" (. . .) "zerschnitt ein bislang noch Unbekannter mit einem Messer das Stoffdach."

Der Besitzer des Cabriolets muss sich nun mit seinem Dachschaden auseinandersetzen, die Polizei Poing beziffert die finanziellen Folgen im Bericht auf 600 Euro. Es muss also guter Stoff gewesen sein. Bleibt die Frage, mit welchen Substanzen sich der Dachschänder auf seinen messerscharfen Eingriff einstimmte. Bekannt ist nur, dass er sein Tatwerkzeug leichtsinnigerweise zurückgelassen hat. Im Polizeibericht heißt es, dass "ein Teil des Messers sichergestellt werden" konnte. Und zwar "an der Tatörtlichkeit".

Man könnte dem Begriff "Tatörtlichkeit" nun ungelenke Aufgeblasenheit unterstellen, so wie bei den Wortgeschwadern "Räumlichkeiten" (Räume) oder "Grundstücksentwässerungsanlage" (Regenrinne). Doch dann würde man schön daneben liegen. Entpuppt sich "Tatörtlichkeit" doch als raffiniertes morphologisches Konstrukt. Es handelt sich um die Symbiose zweier Diminutive: Tatörtchen und Tatörtlein. Der Verfasser des Berichts bringt auf diese Weise kongenial zum Ausdruck, dass es viel schlimmere Tatorte gibt, als jene, wo guter Stoff im Cabriolet zu Schaden kommt.

© SZ vom 01.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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