Mitten in Kirchseeon:Frohsinnige Orientierungshilfe

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Würde der Mensch in diesem Neujahrsniemandsland sich selbst überlassen sein, er würde die Welt nicht mehr verstehen. Gut, dass es da den Fasching gibt.

Kolumne von Karin Kampwerth

Noch ist es gut einen Monat hin bis zum Fasching. Und dennoch verrät die per Kalender zum Frohsinn verdonnernde Episode im Jahreslauf die Struktur des Menschen. Der Homo sapiens, laut lateinischer Übersetzung "der verstehende Mensch", benötigt offenbar ein Gerüst, das ihm die Welt erklärt, durch die er sich immer wieder aufs Neue binnen zwölf Monaten zu hangeln hat. Wie gut, dass den üblichen Jahreszeiten hier von allerlei Festivitäten assistiert wird.

Ein zuverlässiger Wegweiser ist der Einzelhandel, der uns gleich nach dem Ende der Sommerferien mittels Lebkuchen und anderer Leckereien behutsam in die Weihnachtszeit geleitet, auch wenn seit ein paar Jahren dieser Rhythmus kurz von Halloween gestört wird. Aber zurück zum Fasching. Denn kaum wurde das letzte Vanillekipferl verdaut und der Christbaum seinem natürlich Verfall an der örtlichen Tannensammelstelle überlassen, fehlt es dem jungen Jahr an Orientierungshilfe. Bis Ostern ist es noch weit und bevor sich der Frühling einstellt, müsste es im Prinzip erst einmal Winter werden. Würde der Mensch in diesem Niemandsland sich selbst überlassen sein, er würde die Welt nicht mehr verstehen.

Gut also, dass es den Fasching gibt. Denn er garantiert ganz unabhängig von der Witterung, dass der Veranstaltungskalender nach den vielen Terminen in der staden Zeit gleich weiter gut gefüllt ist, damit der Mensch nicht voller Larmoyanz der Langweile erliegt. Zumindest die Kirchseeoner können sicher sein, dass ihnen dieses Schicksal nicht droht. Denn noch vor dem Neujahrsempfang der Gemeinde am kommenden Freitag dürfen sie sich die Termine der örtlichen Faschingssause in ihre Kalender notieren. Diese teilte die Vorsitzende des Vereinskartells im Auftrag der "Faschingsfreunde Kirchseeon" schon am Sonntag mit. Gefeiert wird demnach am 9. Februar in der ATSV-Halle eine "Supergaudi" unter musikalischer Zurhilfenahme des Moosbach-Express. Wer nun an dieser Stelle - ganz Homo sapiens - nach einer Erklärung sucht, könnte einfach Tulpen kaufen. Denn die Frühlingsboten werden vielleicht nur deshalb schon im Januar angeboten, damit auch der Faschingsmuffel weiß, wohin die Reise geht.

© SZ vom 09.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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