Mitten in Grafing-Bahnhof:Zeit für's zweite Gleis

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Die Internetverbindung entlang der Strecke soll ja bald lückenlos funktionieren. Schön wäre es, wenn das auch für die Bahnverbindung gelten würde

Kolumne von Clara Lipkowski

Wer pendelt, ist Leid gewohnt. Wer aber nach Ebersberg pendelt, muss besonders leidensfähig sein. Denn manchmal sind die Entscheidungen der Bahn, wie sie ihre Züge fahren lässt, so unergründbar wie ärgerlich.

Ebersberg ist ja bekanntlich Kreisstadt und als solche hat sie übergeordnete Bedeutung. Dort sind große Firmen angesiedelt und wichtige Behörden, man kann im Zentrum einkaufen und in Cafés sitzen. Die S-Bahn aber misst der Kreisstadt keine sonderlich große Bedeutung bei. Sei es wegen einer Verspätung oder vorangegangenen Streckensperrung, immer wieder lässt sie ihre Züge von Grafing Bahnhof aus - zwei Haltestellen vor der Endstation Ebersberg - nach München umkehren. Für Pendler, die nach Grafing Stadt oder Ebersberg wollen, ist das besonders ärgerlich. So wie am Montagmorgen.

Eigentlich wähnt man sich guter Dinge. Eine Streckenstörung kurz vor Zorneding ist behoben, man sitzt nun in der verspäteten aber richtigen Bahn, die, wie der Fahrer frohen Mutes per Lautsprecher verkündet, planmäßig bis Ebersberg fährt. Doch dann, kurz vor Grafing Bahnhof Unruhe. Ein Rascheln im Durchsagelautsprecher, dem Pendler schwant Böses. Der Fahrer meldet sich wieder zu Wort: "Dieser Zug endet doch vorzeitig in Grafing Bahnhof, bitte alle aussteigen." Augendrehen allerseits, Sachen gepackt und raus auf den Bahnsteig. Besonders ärgert es den Pendler aber dann, wenn diese S-Bahn zwanzig Minuten am Bahnsteig steht, ohne sich zu bewegen, und in dieser Zeit locker nach Ebersberg und zurück hätte fahren können.

Doch dorthin führt nur ein Gleis und Regionalzügen räumt die Bahn Vorrang ein. Es wird Zeit, dass diese Teilstrecke zweigleisig ausgebaut wird. Damit würde man die Kreisstadt als das anerkennen, was sie ist und diesen Teil des Landkreises mitsamt seiner Pendler ins 21. Jahrhundert befördern. Die Internetverbindung entlang der Strecke soll ja auch bald lückenlos funktionieren, schön wäre es, wenn das auch für die Bahnverbindung gelten würde.

© SZ vom 19.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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