Mitten in Ebersberg:Die Grenzen der Geschwindigkeit

Fußgänger bewegen sich dieser Tage auf schmalen Pfaden zwischen Schneewällen. Das bietet ungeahnte Herausforderungen

Kolumne von Korbinian Eisenberger

Manchmal stellt einem das Leben schier unlösbare Aufgaben. Der Bürgersteig neben der Eichthalstraße in Ebersberg ist so ein Ort. Schneehaufen schmälern dort die Bewegungsfreiheit, die Fortbewegung geschieht dieser Tage auf engem Raum, so eisig und eng, dass man hier mit dem Fahrrad keine Freude mehr hätte. So kommt es zu einer kleinen Grenzerfahrung - die nur erlebt, wer diesen Weg zu Fuß benutzt.

Zwei Frauen haben sich am Montagabend trotz Eiseskälte hinausgewagt auf den Weg mit den Schneewänden. Nebeneinander spazieren sie Richtung Marienplatz, mit einer Seelenruhe, als bliebe die Zeit für sie stehen. Souverän setzen sie einen Fuß vor den anderen, Schritt für Schritt. Ein beneidenswert entschleunigter Auftritt. Zwei Ruhepole im Herzen von Schneebersberg. Nur dass man an ihnen eben nicht vorbei kommt.

Schneckentempo im Schnee, und keine Chance auf ein Überholmanöver. Da kann man die Schuhsohlen noch so geräuschvoll auf Eisbrocken drücken. Und künstlich rumhusten, als rauche man Asbest-Zigaretten. Flöge hinter den beiden das Ebersberger Landratsamt in die Luft, wahrscheinlich würden sie sich nicht einmal umdrehen. Was tun? Man könnte über die Schneewand auf die Straße klettern und einem hupenden Rosenheimer SUV-Fahrer vor die Haube springen. Nein, Autohupen sind hier nicht die Lösung. Vielmehr wäre es Zeit für eine Innovation: die Fahrradklingel fürs Fußvolk.

© SZ vom 23.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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