Mitten in der Region:Von Schnecken schlafen lernen

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Auch Schnecken versuchen, versäumten Schlaf nachzuholen, da geht es ihnen nicht anders als uns

Von Jutta Czeguhn

Von Schnecken lernen, heißt einschlafen lernen. Das zumindest legt ein Podcast nahe, den das Schlafexpertenhaus Bettenrid produziert hat. In der nunmehr dritten Folge von "Besser schlafen - gut einschlafen, erholt aufwachen" kommt Albrecht Vorster zu Wort. Der ist Neurobiologe, Schlafforscher an der Universität Tübingen, lustiger Science-Slammer und Autor eines Werks mit dem Titel "Warum wir schlafen". Wer jetzt verstört einwirft: Schnecken? Schlaf? Die Spezies ruhe doch nachweislich nie, sei Tag und Nacht unersättlich damit beschäftigt, die komplette Pflanzenwelt im Garten zu vertilgen oder an Hauswänden herumzuschleimen - nun, der erfährt Erstaunliches.

Vorsters These lautet so: Gutes Einschlafen ist nur eine Frage des richtigen "Mind-Sets", weshalb er diesen bei den Schnecken studiert hat. Die hat sich der Wissenschaftler aus ganz praktischen Überlegungen herausgefischt: Sein Labortierchen Aplysia Californica, eine Meeresschnecke, hat nicht wie der Mensch 100 Milliarden, sondern nur überschaubare 20 000 Nervenzellen. Schließlich lässt sich das Antriebsprinzip eines Ottomotors des Baujahrs 1884 ja auch leichter verstehen als das eines Stuttgarter Modells der C-Klasse. Wobei, zugegeben, dieser Vergleich hinkt etwas, Schnecken sind unwesentlich langsamer.

Also, damit man aus dem Bettenrid-Podcast und dieser Kolumne auch etwas Schlafförderndes mitnimmt: Albrecht Vorster ermittelte, dass mit seinen Schnecken nichts anzufangen war, wenn sie am Abend zuvor Party gemacht und zu wenig Schlaf abgekommen hatten. Sie konnten Lerninhalte vom Vortag weniger gut verarbeiten als die Aplysia Californica, die volle 700 Minuten durchgepennt hatte. Allerdings, so eine weitere Entdeckung des nimmermüden Forschers: Auch unter den Schnecken gibt es XS- und Extralarge-Schläfer. Und sie haben die Angewohnheit, die auch uns Menschen besonders gerne in den Nachmittagsstunden vor dem Computer-Screen befällt; sie versuchen, wann immer sich die Gelegenheit bietet, Schlaf nachzuholen.

Was also tun, wenn man sich nachts von einer Seite auf die andere wälzt? Schnecken tun das ja nicht, dazu sind ihre Häuschen zu klein. Einschlafen kann man trainieren, mit dem richtigen Mind-Set, behauptet Vorster. Er rät, zunächst alle Displays im Haus aus- und dann das Kopfkino einzuschalten. An was Schönes denken. Und wie wäre es damit, statt Schäfchen mal Schnecken zu zählen, ihre Zahl im Garten langt für die ganze Nacht. Dies allerdings war jetzt unser Vorschlag, die wissenschaftliche Überprüfung steht noch aus.

© SZ vom 26.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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