Es ist ein sonniger Nachmittag, ein leichtes Lüftchen weht durch die blätterlosen Baumwipfel, vom Regen der vergangenen Tage ist nichts mehr zu sehen. Optimal also, um die Wäsche zum Trocknen auf den Balkon zu stellen. Doch da ist dieses Geräusch, das neben dem Vogelgezwitscher die Stille dieses Vor-Frühlingstages durchschneidet: Der tuckernde Motor eines Autos, das auf der Straße gegenüber der Raiffeisenfiliale abgestellt ist. Vom Fahrer ist weit und breit nichts zu sehen.
Spätestens jetzt beginnt auf den Zuschauerrängen zwei Stockwerke über dem Schalterraum der Bank das Kopfkino zu rattern. Es sind hollywoodreife Szenen, die sich darin abspielen: Wird der triste Home-Office-Alltag etwa gleich durch einen waschechten Banküberfall aufgepeppt? Wirbeln in wenigen Momenten die Einzelteile der Geldautomaten in einer Wolke aus Feuer und Staub durch die Luft, ehe maskierte Diebe über die Straße zu ihrem Fluchtauto stürmen und mit quietschenden Reifen davonbrausen? Die Ohren jedenfalls sind gespitzt, die Augen vom Balkon aus fest auf den Eingang der Bankfiliale gerichtet.
Und siehe da, schon öffnet sich die Schiebetür. Statt schwer bewaffneter Räuber, trottet dort allerdings nur ein älterer Herr heraus, der auf dem Weg zum Auto in aller Ruhe seine Kontoauszüge durchblättert. Dort angekommen öffnet er die Tür seines Wagens und fährt langsam davon. Auf dem Balkon hingegen, wo der gespannte Beobachter inzwischen gedanklich wieder in der Realität angelangt ist, reift die Erkenntnis, dass man eben doch auf dem Dorf wohnt - und es dort zuweilen nicht weiter ungewöhnlich ist, sein unverschlossenes Auto mit laufendem Motor auf der Straße stehen zu lassen. Immerhin: Der vermeintliche Bankräuber von vorhin trug eine Maske.