Mitten im Forst:Von Schnecken und Schnellen

Manche Autofahrer haben es immer besonders eilig. Doch im Ebersberger Forst ist die Raserei oft nicht von langer Dauer

Glosse von Barbara Mooser

Eine Fahrt durch den Ebersberger Forst ist immer wieder spannend, dazu muss nicht mal die Weiße Frau aus ihrer Kapelle herausspähen oder eine Wildsau die Straße passieren. Nein, es genügt, wenn andere Verkehrsteilnehmer es saumäßig eilig haben, wie am Donnerstagmorgen wieder mal geschehen.

Ein silberner Porsche mit Erdinger Kennzeichen kann es schier nicht aushalten, dass vor ihm schon zwei Autos mit Tempo 90 unterwegs sind. Leider sieht man das Gesicht des Fahrers nicht, bestimmt ist es von Zornesröte überzogen: so ein Getrödel, solche Penner vor ihm, so ein immenser Zeitverlust! Endlich, endlich zieht er vorbei, schert haarscharf wieder ein, gibt Gas. Doch ein Sprinter mit Rosenheimer Kennzeichen hat es noch viel eiliger, er überholt nicht nur die zwei Trödler vor ihm, auch den Porsche hat er sich vorgenommen. Oder will ihn sich vornehmen, denn so leicht lässt sich ein Porschefahrer von einem popeligen Sprinter doch wohl nicht überholen! Etliche Sekunden lang rasen die beiden nebeneinander her, auch in eine unübersichtliche Linkskurve, dann zwingt der Sprinter doch den Porsche. Beide rauschen davon.

Doch wenig später gibt es ein Wiedersehen: Sprinter und Porsche zuckeln hinter einer langen Kolonne aus Lkw und Autos her, der Gegenverkehr lässt kein Überholen zu. Die letzten Kilometer werden gemeinsam mit Tempo 70 zurückgelegt, in den Kreisverkehr am Ebersberger Gewerbegebiet fahren der Sprinter, der Porsche und die beiden Schnecken brav hintereinander ein. Die Letzten werden die Ersten sein, heißt es frei nach Matthäus. Stimmt schon - aber im Ebersberger Forst gilt doch eher: Eile mit Weile.

© SZ vom 13.08.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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