Mitbestimmung in Ebersberg:"Das ist mehr als nur ein Spiel"

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Leonhard Martz ist beim Kreisjugendring Referent für offene und verbandliche Jugendarbeit mit Schwerpunkt interkulturelle, integrative und inklusive Jugendarbeit sowie stellvertretender Geschäftsführer. (Foto: Christian Endt)

Leonhard Martt vom Kreisjugendring Ebersberg über die Bedeutung der bundesweiten "U 18-Wahl"

Interview von Thorsten Rienth, Ebersberg

Der Deutsche Bundestag wird am 26. September gewählt, davor veranstaltet der Bayrische Jugendring (BJR) die bundesweite "U 18-Wahl" - das Ergebnis der Auszählung wird neun Tage vor der Bundestagswahl verkündet. Zum ersten Mal machen dieses Jahr Schulen aus dem Kreis Ebersberg mit, wie Leonhard Martz vom Kreisjugendring (KJR) berichtet.

SZ: Bei der U 18-Wahl können Jugendliche, die wegen ihres Alters noch nicht wählen dürfen, zumindest spielerisch wählen. Entsteht dadurch nicht der Eindruck von Mitbestimmung, obwohl es die nicht gibt?

Leonhard Martz: Die U 18-Wahl bedeutet keine echte Wahlbeteiligung, das stimmt natürlich. Aber indirekt kann das Wahlergebnis sehr wohl Einfluss auf den politischen Diskurs nehmen. Jugendliche setzen sich mit den Inhalten auseinander, tragen ihre Meinung weiter - und das eben auch zu wahlberechtigten Freunden und ihren Eltern. Außerdem gibt das Ergebnis einen Fingerzeig auf das, was sich diejenigen wünschen, die in ein paar Jahren regulär wählen. Dieses Sichtbar-machen ist wichtig - weil die Anliegen, Wünsche und Träume der Jugendlichen im echten Wahlkampf nur eine untergeordnete Rolle spielen. Sie dürfen ja leider nicht mitwählen.

Eine Sache, die Sie kritisieren?

Ja. Mit den Jugendlichen wird eine ganz wesentliche gesellschaftliche Gruppe von der demokratischen Mitbestimmung ausgenommen. Über die Details wird man freilich diskutieren müssen. Wenn man so will, dann ist die U 18-Wahl eine Art Ersatz: Jugendliche bilden sich eine Meinung, setzen sich mit dem politischen System sowie den Kandidaten auseinander und hinterfragen und diskutieren verschiedene Parteiprogramme. Im Optimalfall wirkt das in beide Richtungen: Junge Leute beschäftigen sich mit der Politik - und bringen junge Herzensthemen in die Politik ein. Die U 18-Wahl ist mehr als nur ein Spiel.

Wie läuft die U 18-Wahl ab?

Die Wahllokale agieren eigenständig. Der KJR hat eine koordinierende Funktion und unterstützt, wo er kann. Die U 18-Stimmzettel gibt es auf der BJR-Internetseite zum Download. Darauf stehen alle Namen und Parteien, die auch bei der echten Wahl wählbar sind. Für das bundesweite Ergebnis werden aber nur die Zweitstimmen gesammelt. Die Eingabe der Wahlergebnisse läuft, wie auch die Anmeldung als Wahllokal, über die BJR-U 18-Software.

Ursprünglich war die U 18-Wahl als außerschulisches Angebot angedacht. Jetzt geht der Kreisjugendring im Landkreis Ebersberg damit an die Schulen. Warum?

Im Kontext der Schulen spielt die sogenannte Juniorwahl eigentlich die größere Rolle. Der Unterschied zur U 18-Wahl ist allerdings der Zeitpunkt der Ergebnis-Veröffentlichung. Bei der Juniorwahl passiert das erst am Bundestagswahltag, bei der U 18-Wahl neun Tage vorher - damit vor der richtigen Wahl ein Diskurs entstehen kann. Klassen aus sechs Schulen machen im Landkreis mit. Dazu kommen die beiden Jugendzentren in Poing und Vaterstetten. Dafür, dass wir das erste Mal an die Schulen herangetreten sind, ist das gar nicht schlecht. Im Landkreis Bad Tölz allerdings, dorther kommen viele Impulse zu dem Themenfeld, sind mittlerweile Klassen von fast allen weiterführenden Schulen dabei. Das ist wirklich stark.

Und da kann jeder einfach so mitmachen?

Das ist der Grundgedanke. Im Prinzip können überall U18-Wahllokale eingerichtet werden, wo sich Kinder und Jugendliche aufhalten. Also jede Institution, Initiative oder Einrichtung, die parteipolitisch unabhängig und demokratisch gesinnt ist. Einzige Ausnahme: Parteien oder Jugendorganisationen der Parteien dürfen kein Wahllokal errichten. Einen offiziellen Anmeldeschluss gibt es übrigens nicht, heißt: Wer will, der kann sich mit ein paar Klicks auf der BJR-Homepage noch anmelden.

Download des Stimmzettels unter www.bjr.de/themen/partizipation-und-demokratie/u18-bundestagswahl-2021.html

© SZ vom 13.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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