Mendelssohn trifft Brahms:Himmlische Freuden

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Kraftvolles Feuer: Die erst 22-jährige Solistin Kateryna Yemets gibt beim Kulturverein ihr Debüt mit Orchester. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Das Symphonieorchester des Kulturvereins Zorneding-Baldham gestaltet zwei Riesen der Romantik

Von Rita Baedeker, Zorneding

Ein Konzert zur Freude der Engel im Himmel - das wünschte sich Felix Mendelssohn Bartholdy, als er sein Violinkonzert in e-Moll komponierte. Es zählt zu den meistgespielten Werken der Romantik, ein sanfter "Riese" in der Gunst des Publikums. Engel, so kann man annehmen, sind nicht nur außergewöhnlich musikalisch, sondern auch nachsichtig. Und haben daher - wie auch die Zuhörerschaft im Martinstadl - ihre ungetrübte Freude am Herbstkonzert des Symphonieorchesters des Kulturvereins Zorneding-Baldham am vergangenen Wochenende. Kleine Patzer, Unstimmigkeiten in den Tempi? Völlig unwichtig, wenn ein aus überwiegend Laien bestehendes Orchester unter seinem Dirigenten Andreas Pascal Heinzmann eine so reife, in zahlreichen Passagen beeindruckende Interpretation abliefert.

Solistin des Abends ist die 22 Jahre junge, in Kiew geborene Geigerin Kateryna Yemets. Sie hat einige Preise errungen, 2017 wurde sie in die Klasse von Ingolf Turban an der Münchner Musikhochschule aufgenommen. Die junge Frau, die in Zorneding ihr erstes Konzert mit Orchester spielt, geigt kraftvoll, mit jugendlichem Feuer, elektrisiert vielleicht auch vom Lampenfieber. Auch in den hohen Lagen leuchtet ihr Ton. Zuweilen muss das Orchester eine Aufholjagd überstehen. Nach kräftigem irdischem Applaus - den der Engel kann man nur erahnen - spielt Kateryna Yemets als Zugabe ein Bravourstück für Violine solo: "Recitativo und Scherzo-Caprice" von Fritz Kreisler.

Obwohl ein Werk wie Mendelssohns Violinkonzert sehr oft aufgeführt wird - am Sonntag war es schon wieder im Sender BR Klassik zu hören - scheuen Orchester und Dirigent die Herausforderung nicht, in dem Willen, sich in ein schönes und bedeutsames Werk der Musikliteratur zu vertiefen und eine eigene Interpretation zu erarbeiten.

Dies gilt auch für die Aufführung der ersten Sinfonie von Johannes Brahms in c-Moll, dem eher wilden Riesen. Schon die Einleitung mit ihren heftigen Paukenschlägen, einem pulsierenden, an Herzklopfen erinnernden Hämmern, mit in entgegengesetzte Richtungen drängenden Terzen, und das alles quälend langsam, gelingt eindrucksvoll. Die Atemlosigkeit und Zerrissenheit dieser Sinfonie - mit deren Komposition Brahms 15 Jahre lang kämpfte, auch weil der Schatten Beethovens ihm zu schaffen machte - bringt das Orchester ebenso überzeugend zur Geltung wie ihre melodisch-friedvollen Themen. Die Oboen etwa dringen wie Rettung verheißende Rufe ins aufgepeitschte Stimmenmeer. Der Kampf des Komponisten um inneren Frieden wird im dynamischen, die Kontraste scharf akzentuierenden Musizieren des Orchesters deutlich.

Im dritten Satz, dem "un poco Allegretto e grazioso", dominieren gesangliche, an Volksweisen erinnernde Motive. Und auch beim vierten Satz übertrifft das Zornedinger Orchester die Erwartungen: beim Gesang von Horn und Flöte, beim Choral der Posaunen und beim wunderschönen, die Herzen öffnenden Lied der Streicher und Hörner - eine feierliche Ode an die Schöpfung, die ganz ohne Zweifel auch die Engel erfreut.

© SZ vom 04.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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