Hilfe für Bedürftige:Punktesystem macht Wohnungsvergabe im Kreis Ebersberg gerechter

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2016 wurde die Regelung eingeführt. Sowohl die Sozialbehörde als auch die Klienten sind zufrieden mit dem System. Dennoch gibt es nun Neuerungen.

Von Theresa Parstorfer, Ebersberg

Bereits drei Jahre auf eine Wohnung gewartet zu haben, gibt neuerdings 15 Punkte. Das ist gut, denn um Punkte - um möglichst viele Punkte - geht es für alle Menschen, die sich im Landkreis Ebersberg um eine Sozialwohnung bewerben. 39 Neuanträge sowie 96 noch nicht abgeschlossene Anträge liegen derzeit vor, 532 Sozialwohnungen gibt es, die meisten sind allerdings belegt.

2016 wurde ein neues System eingeführt, um den Prozess der Vergabe dieser Wohnungen gerechter und transparenter zu gestalten. In drei verschiedenen Gruppen mit jeweils sehr kleinteiligen Unterkategorien werden die Punkte vergeben und zusammengezählt. Eine Endpunktzahl von 80 und mehr Punkten fällt in die Dringlichkeitsstufe Nummer eins. Hier muss möglichst schnell eine Wohnung gefunden werden. Stufe zwei beginnt bei 50 Punkten und Stufe drei bei fünf Punkten.

Von den Wohnungssuchenden werde der Punktekatalog "wahnsinnig gut angenommen", sagte Irmgard Gäßl vom Sozialamt während der Sitzung des Sozialausschusses des Ebersberger Kreistages. "Denn die Menschen verstehen sofort, um was es geht", so Gäßl weiter, und man könne immer gut erklären und begründen, wie die Punktevergabe ablaufe. Sie berichtete vom Fall einer Mutter, deren Antrag in seiner Dringlichkeit zurückgestuft wurde, weil deren Tochter anders als ursprünglich angegeben, doch nicht mit ihr zusammenziehen wollte. "Natürlich war sie enttäuscht, aber als wir ihr erklärt haben, wieso es zu der Zurückstufung gekommen ist, hat sie es verstanden", sagte Gäßl.

Gerechter als bisher

Auch ihr selbst und ihren Kollegen erleichtere das Punktesystem, das vor zwei Jahren nach Münchner Vorbild eingeführt worden war, die Arbeit mit den Anträgen erheblich. Es eröffne größeren Spielraum für die Einzelfallbearbeitung und komme gleichzeitig sehr nah an die Lebenswirklichkeit der Menschen heran. Allerdings, oder vielleicht auch gerade deswegen, haben die ersten zwei Jahre Praxiserfahrung an manchen Stellen Nachbesserungsbedarf gezeigt. An den Einzelfällen könne man sehen, wenn gewisse Punktezahlen in einzelnen Kategorien intuitiv als ungerecht empfunden werden - hier habe man nun Prioritäten verschoben und auch neue Kategorien eingeführt.

Darunter fällt zum Beispiel, wenn einem getrennt lebenden Elternteil das Sorgerecht für ein minderjähriges Kind zugesprochen wird und deshalb schnell mehr Platz benötigt wird. Oder wenn sich erwachsene Kinder entschließen, in die Nähe ihrer kranken Eltern zu ziehen, um diese pflegen zu können. Derartige Fälle, die unter "Wohnraumbedarf" und "Zuzug Familienangehörige" fallen, werden in Zukunft mehr Punkte erhalten. Ebenso, wenn jemand seit drei Jahren auf eine Wohnung wartet, Anträge immer nahtlos gestellt und dennoch keine Wohnung bekommen hat. Flexibel auf diese Beobachtungen eingehen zu können, sei eine große Stärke des Systems.

Eine weitere Änderung betrifft in Unterkünften lebende Geflüchtete, die einen Antrag auf eine Sozialwohnung stellen. Diese Kategorie wurde nun eingeführt. Wohnungssuche bei anerkannten Flüchtlingen sei ein neues Thema. "Auch hier ist wichtig, dass angegeben wird, warum jemand ausziehen will", sagte Gäßl. Oft sei das begründet und auch im Sozialamt wolle man, dass anerkannte Flüchtlinge aus den teils überbelegten Unterkünften aus- und in eigene Wohnungen einziehen könnten.

Während diese Änderungen von der Ebersberger Behörde vorgenommen wurden, gab es auch eine gesetzliche Verordnung, die umgesetzt werden muss. Sie betrifft Menschen, die einen Wohnungsvorschlag des Sozialamts ablehnen. Eine nachvollziehbare Begründung sei nötig, so Gäßl. Ein einfaches "nicht gut genug" reiche nicht. Sie versicherte allerdings, dass selbst eine nicht akzeptierte Ablehnung nicht zur Sperrung des Antrags führe, sondern zu einer neunmonatigen Entziehung der Punkte in der jeweiligen Kategorie. Nach diesem Zeitraum können die Punkte zurückerobert werden.

© SZ vom 23.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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