Markt Schwabens Nockherberg:Minimalinvasive Schärfe

Lesezeit: 2 min

Mit Gitarre und leicht angespitzter Zunge liefert Hermann Bogenrieder Gstanzl und Listenplatz-Litanei. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die CSU setzt bei ihrer Kandidaten-Vorstellung auf "U" wie Unterhaltung

Von Ulrich Pfaffenberger, Markt Schwaben

Das Listenpersonal für die anstehende Kommunalwahl mit einem Nockherberg-Ableger der Öffentlichkeit vorzustellen, hat in der Markt Schwabener CSU schon eine kleine Tradition. Beim Publikum kommt ein solches Unterhaltungs-Angebot mit politischen Nebenwirkungen offenbar gut an, auch wenn im Unterbräu-Saal am Samstagabend einige Tische leer blieben, was dem kommunikativen Geräuschpegel keinen Abbruch tat.

Als überzeugende Deutung des "U" im Parteinamen als "Unterhaltungswert" erwies sich die Beteiligung bekannter Protagonisten aus dem Theaterverein. Mit Gitarre und leicht angespitzter Zunge lieferte Hermann Bogenrieder eine stattliche Sammlung orts-, zeit- und personenbezogener Gstanzl, beim Kandidaten-Schaulauf eine Art "Listenplatzlitanei", ohne Bittruf zwar, aber versprechungsvoll. Nicht aus seiner Vollkommenheit bezog dieser Auftritt seinen Charme, sondern aus dem Zurechtrücken sprachlicher Sperrigkeiten, im kommunalpolitisch-pragmatischen Sinne von "Was nicht passend ist, wird passend gemacht." Lieber lässt man die Verse stolpern als die Kandidaten.

Zwei satirische Wort-Auftritte lieferten den Gegenpart im freistaatstragenden Programmablauf: Christa Herrmannsgabner schenkte den Schwabenern als gscherte "Marktplatzratschn" so ein, dass - wie beim Original der Mama Bavariae - die gnädige Ungeduld und der liebevolle Zorn ihren bürgerlichen Raum fanden. Manfred Trautmann wiederum gab in zwei mundartlichen Lesungen der überparteilichen weißblauen Folklore den gebührend bierselig-spöttischen Raum.

Als positiven und anerkennenswerten Beitrag zur Debatten- und Streitkultur im Lande darf man das "Leben und leben lassen" registrieren, das diesen "kleinen Nockherberg" prägte. Umfang und Schärfe der Attacken auf politische Gegner würden Mediziner als minimalinvasiv bezeichnen, auch wenn elfmeterreife Wortspiele wie "rote Jahre - rote Zahlen" nicht ausgelassen wurden. Die Themenmischung war, wie die aufgetischte Brotzeit, überwiegend lokal "obatzd", mit sparsam dosiertem Landkreis-Senf zum Leberkäs. Gastgeber wie Künstler und Publikum waren spürbar auf heiteren Genuss eingestellt und niemand auf Krawall gebürstet. Ein überzeugendes Beispiel dafür: Dass die Ehefrau eines CSU-Kandidaten auf der Wahlliste der Grünen steht, war genau zwei Gstanzlverse wert, aus denen vor allem eines herausklang: "Schaut's, was wir in Markt Schwaben hinbekommen."

Die Blasmusik schlug überwiegend gemütlich Töne an. Zwei Trompeten, zwei Tenorhörner, eine Tuba, fein aufeinander abgestimmt und mit erkennbar innerer Zuneigung zu den gespielten Titeln, gaben dem Auftritt eine andere Qualität als dem Singspiel im Original. Eine Mischung aus Krinolinen-Sound und Wirtshaus-Musi ließen die fünf "Kraxnerischen" erklingen, unaufgeregt und ausgleichend, obwohl's das angesichts der friedlichen Stimmung im Saal gar nicht bräuchte, gipfelnd in einer pfiffigen Begleitung zum hinreißend ungelenken Bauernballett der Kandidaten. Selbst der Defiliermarsch zum Einzug kam eher herzig aus den Instrumenten - sinnbildlich für das idyllisch-sanfte Image der CSU auf dem Lande?

Musikalisch die Entdeckung des Abends war die junge Luisa Urban. Mit welchem Selbstbewusstsein und welcher Präsenz sie den Gstanzl-Sänger begleitete, mit welcher Lockerheit sie ihre Dreiklang-Signale in den Saal sandte und wie sie dann auch noch solistisch die Aufmerksamkeit auf sich zog, das verdiente allen Applaus. Zumal sie ein Zeichen setzte, welchen Gestaltungswillen ihre Generation mitbringt. Dass sich die Veranstalter die Chance entgehen ließen, ihren Auftritt mit "Luisa - Ziach für Zukunft" in der Wahrnehmung zu verankern - eigentlich unverzeihlich.

Nicht im Programm angekündigt, letztlich - im wahrsten Sinn des Wortes - aber eine schöne Idee: Den Abend mit der Ansprache eines Landrats-Doppelgängers ausklingen zu lassen. Verblüffend authentisch bis ins Detail, überzeugend in der Wahlkampf-Rhetorik ("Für ein starkes Markt Schwaben, für einen starken Landkreis Ebersberg") eroberte er das Podium und die Herzen des Publikums. Vermutungen, Robert Niedergesäß selbst könnte in die Rolle geschlüpft sein, wischten Kenner im Publikum mit Nachdruck vom Tisch: "Unter sieben Minuten die Rede, ach komm...!"

© SZ vom 02.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: