Markt Schwabener Kindertheater:Robin Hood versus Nero

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Schlau, schlau: Mit einem Schlafmittel im griechischen Wein setzt Robin Hood (rechts) Prinz John und seine Gehilfen außer Gefecht. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Marga Kappl begeistert mit ihren jungen Schauspielern und einer sehr individuellen Version der berühmten englischen Sage

Von Anja Blum, Markt Schwaben

Die Sage von Robin Hood, dem Retter der Entrechteten im mittelalterlichen England, ist wohlbekannt. Doch dass sein Widersacher Prinz John ein Verehrer des antiken Griechenlands war - hat man das schon einmal gehört? Nein, ganz bestimmt nicht, denn dies ist eine Wendung, die der Plot nur am Markt Schwabener Weiher nimmt. Dem berüchtigten Nero gleich - auch wenn der genau genommen ja ein Römer war - torkelt und poltert Prinz John (herausragend: Mark Zeiff) hier durch die Handlung, grausam und erbärmlich zugleich.

Der Grund für diese ganz besondere Interpretation ist schnell gefunden: Das Kindertheater Markt Schwaben spielt im Sommer stets ein Stück auf der wunderschönen, professionellen Seebühne, muss sich dabei allerdings mit der Kulisse der jeweiligen Weiherspiele arrangieren. Und die bietet heuer, zwecks "Sommernachtstrauma", einen verwunschenen Zauberwald sowie einen antiken Palast. Bei "Robin Hood" wird aus diesem also flugs die Heimstatt des Prinzen, der stilecht eine weiße Toga trägt und einen goldenen Blätterkranz im Haar, gerne griechischen Wein trinkt und Olivenbäume anpflanzt. Völlig logisch.

Klar wird auf jeden Fall, dass auf dieser Seite der Bühne die Dekadenz herrscht, und mit ihr die Grausamkeit. Immer mehr Steuern presst der Sheriff von Nottingham (schön finster: Tim Zeiff) aus den Dorfbewohnern, um den ausschweifenden Lebensstil des Prinzen zu finanzieren. Ansonsten droht Gefängnis. Doch die beiden haben die Rechnung ohne Robin Hood gemacht: Immer wieder führt er die "Leuteschänder und Ausbeuter" an der Nase herum, stiehlt das Geld der Armen zurück, versteckt die Hose des Hauptmanns, gewinnt im Bogenschießen und übernimmt am Ende das Amt des Sheriffs. Dem gerechten König Richard Löwenherz sei Dank!

In der Markt Schwabener Version, die aus der Feder der Münchner Autorin Eva Toffol stammt, ist die Grenze zwischen Gut und Böse kindertheatertauglich messerscharf gezogen. Die beiden unbelehrbaren Oberfieslinge werden von Erwachsenen dargestellt, der Rest der Figuren gehört auf die andere Seite. Sogar die vier jungen Helfer von Prinz und Sheriff lassen sich am Ende von Robin Hood überzeugen, die Waffen niederzulegen. Trotzdem bietet das Stück dank seiner feinen Zeichnung der Charaktere und seiner humorvollen Details nicht nur Kindern beste Unterhaltung, sondern der ganzen Familie. Was freilich auch der erstklassigen Theaterarbeit des ganzen Markt Schwabener Teams zu verdanken ist, allen voran Regisseurin und Autorin Marga Kappl.

Höchst liebevoll werden alle Rollen herausgearbeitet - vom Palast-Trommler (selbstbewusst: Simon Seidl) über Bruder Tuck ("so Gott will": Jakob Funk) bis hin zur couragierten Marian (liebreizend: Luna Künkel). Florian Scherer, der den heißblütigen Robin mimt, ist nach vielen Einsätzen als "Kasperl" ohnehin schon Profi. Apropos: Wie Kappl erklärt, befindet sich das Kindertheater gerade im Umbruch, mehr als zehn Darsteller seien ihm entwachsen und wollten nun beim Jugendtheater mitspielen. Daher habe sie von den 23 Rollen bei "Robin Hood" ganze 13 mit Bühnenneulingen besetzt. Umso mehr Respekt verdient diese Aufführung. Die Artikulation jedes einzelnen Darstellers ist perfekt, man versteht trotz altertümlich angehauchter Sprache jedes Wort. Tempo und Dynamik des Spiels sind ausgewogen, die Geschehnisse daher stets glaubwürdig. Wie die Zofe (Tamara McAboy) zum Beispiel innerhalb weniger Minuten Entrüstung, Angst, Erschrecken und Erleichterung durchlebt - das muss erst einmal jemand nachmachen. Hinzu kommen ausgesucht authentische Kostüme und Requisiten, vom Stiefel bis zum Hut, sowie die Tatsache, dass die Inszenierung den großen Bühnenraum wunderbar ausnutzt.

Ein großes Plus liegt aber auch in der Musik: Marga Kappl und ihr Sohn Christian haben für atmosphärisch dichte Einspieler gesorgt und zudem zwei Bänkelsänger eingeführt (Luisa Urban und Hermann Bogenrieder), die mit Gitarre und Akkordeon passende Lieder zum Besten geben: "Er wohnt in einem Schloss mit Säulen, das finden wir zum Heulen", dichten sie über den verhassten Prinzen. Ebenfalls typisch Kappl: die augenzwinkernd emanzipatorische Facette des Stücks. Eigentlich sind im Wald, wo die Räuberbande haust, Frauen verboten. Also hat sich eine solche als Mann verkleidet, um an Robins Seite kämpfen zu können. "Wenigstens ein richtiger Mann hier!", urteilt einer der Kollegen, hihi. Als am Ende Robin aus Liebe zu Marian das Verbot kippt, lässt die Räuberin zur Überraschung aller ihre Tarnung fahren. Dass sie dann gleich in den Armen eines Mitstreiters landet - geschenkt!

Jammerschade nur, dass die junge Truppe ihre Premiere vor sehr wenig Publikum feiern muss: Von der Markt Schwabener Grundschule sind an diesem Vormittag kaum Klassen gekommen. Das wiederum lässt sich noch viel weniger erklären als der lustige Griechen-Prinz.

Das Kinderthater Markt Schwaben spielt am Weiher "Robin Hood", nochmals am Samstag, 20., und 27. Juli, jeweils um 14 Uhr. Karten gibt es unter www.theater-marktschwaben.de.

© SZ vom 19.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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