Markt Schwaben:Psyche und Untergang

Lesezeit: 2 min

Die Theatergruppe des Markt Schwabener Gymnasiums seziert in einem selbst geschriebenen Stück psychische Mechanismen wie den Selbsterhaltungstrieb. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Das Theater am Franz-Marc-Gymnasium inszeniert die "Apokalypse"

Von Max Nahrhaft, Markt Schwaben

Das Thema Weltuntergang ist in der Kultur, aber auch in der Gesellschaft gar nicht mehr so fern der Vorstellungskraft, wie es früher einmal war. In etlichen Filmen und Theaterstücken wird die Apokalypse verarbeitet und szenisch aufbereitet - sei es in Form von Zombies, dem Klimawandel oder sonstigen Phänomenen. Während all das nur Fiktion ist, sehen realitätsferne Teile der Gesellschaft den Untergang schon in der aktuellen Flüchtlingssituation.

Diese beiden Gedankenstränge versuchte die Theatergruppe der Oberstufe am Franz-Marc-Gymnasium in Markt Schwaben zu vereinen. Sie schaffte es, dass die Zuschauer nachdenklich und beeindruckt zugleich den Saal verließen. Es ist nicht einfach, in einer Zeit, in der die Flüchtlingsdiskussion so aktuell ist, noch einen neuen Aspekt zu finden und diesen aufzuarbeiten. Die Gruppe um den Gymnasiallehrer Severin Zebhauser schaut in die menschliche Psyche und kontrastiert das Alltägliche mit menschlichen Eigenschaften, die nur in Ausnahmesituationen zum Vorschein kommen.

Zu Beginn des Stücks "Apokalypse" bringen gleich in mehreren Städten Deutschlands die Vorboten der Apokalypse ihr Unheil über das Land: Menschen werden von Termiten gefressen, der Sauerstoffgehalt der Luft sinkt rapide ab, Erdbeben erschüttern die Umgebung, ja sogar die Sonne verdunkelt sich. Und was machen die Menschen in dieser Situation? Während sich bei den fitnessbegeisterten Damen die Gespräche zunächst um den Mittelpunkt ihres Lebens - Eiweiß-Shakes, Smoothies und das nächste Cardio-Training - drehen, schlägt die Stimmung schnell in Panik um, als sie wegen Atemnot nicht mehr weiterjoggen können. Sie klammern sich in ihrer Hilflosigkeit an den erstbesten Fremden.

Auch die Frauen in schicker Businesskleidung haben zuerst wenig übrig für die Bettlerin am Straßenrand. Erst als sich die Sonne verdunkelt und sie bemerken, dass auch das neueste Smartphone in dieser Situation nicht mehr weiterhilft, folgen alle der Bettlerin, da diese in einem alten Bunker Schutz suchen will. Hochnäsiger Egoismus verwandelt sich schlagartig in aufgesetzten Zusammenhalt. Nachdem die Menschen aus mehreren Szenen geflüchtet sind, versammeln sie sich alle in dem selben Bunker.

Diesen könnte man sinnbildlich für das heutige Deutschland ansehen. Die ersten Stimmen werden laut gegen Neuankömmlinge im Bunker: "Wer soll den jetzt noch kommen, langsam wird's eng hier." Der einzige Politiker gibt Gelassenheit vor und versucht, mit hohlen Phrasen die anderen zu beruhigen. Doch schon bald, als um die Verteilung von Essen gekämpft wird, verwandelt sich die Gemeinschaft in eine Ansammlung von Individuen. Die kollegialen Werte könne nicht standhalten gegen das Konkurrenzdenken und den Selbsterhaltungstrieb der Menschen. "Wenn jeder hier reinkommt, gibt's bald gar nix mehr zum Essen", raunt es aus der rechten Ecke der Bühne. Die Existenzangst geht sogar so weit, dass sich die Insassen des Bunkers vor einer Fremden fürchten, deren Äußeres nur Produkt ihrer eigenen unreflektierten Furcht ist.

Nach der Aufführung gibt es sowohl tosenden Beifall für die 14 Schauspieler wie auch für Zebhauser. "Ich möchte nur nochmals erwähnen, dass die meisten der Schauspieler gerade kurz vor den Abiturprüfungen stehen und trotzdem Zeit hierfür gefunden haben", lobt der Lehrer seine Mannschaft.

© SZ vom 19.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: