Markt Schwaben:Motiviert für die große Aufgabe

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Mehr Platz für die engagierten Helfer: So groß war der Andrang am Mittwochabend im Schweiger-Bräu, dass der Nebenraum nicht ausreichte. (Foto: Christian Endt)

Innerhalb weniger Wochen werden an die 250 Flüchtlinge nach Markt Schwaben kommen - viel mehr, als ursprünglich kalkuliert. Doch auch der Kreis der Helfer, die sie willkommen heißen wollen, wächst

Von Barbara Mooser, Markt Schwaben

Es ist ein paar Minuten vor sieben, aber langsam werden auch die Stehplätze knapp. Und immer noch drängen Leute herein in das Nebenzimmer des Schweiger-Bräu. "Erzählst du mir morgen alles, dann gehe ich wieder", ruft eine Frau ihrer Bekannten zu, die sich ein Plätzchen gesichert hat. Doch dann wird eine Trennwand geöffnet, auf einmal ist Platz für alle da - und es sind viele, sehr viele: An die 160 Markt Schwabener haben am Mittwochabend durch ihre Anwesenheit bekundet, dass sie helfen wollen, die Flüchtlinge, die bald in ihrer Gemeinde erwartet werden, herzlich aufzunehmen. In den Reihen der Helfer sind alle Altersklassen vertreten, viele alteingesessene Markt Schwabener wollen sich engagieren, aber auch junge Leute, die vor gerade einmal drei Wochen in die Marktgemeinde gezogen sind. Dass die Aufgabe wesentlich größer sein wird als noch vor ein paar Wochen angenommen, dämpft ihren Enthusiasmus dabei nicht - im Gegenteil.

Als sich die Helfer zuletzt in großer Runde trafen, waren sie davon ausgegangen, dass in den nächsten Wochen etwa 80 Flüchtlinge in ihrer Heimatgemeinde eintreffen würden: 60 sollen in einer Containerunterkunft am Erlberg untergebracht werden, 20 weitere werden in der Zinngießergasse eine vorübergehende neue Heimat finden. Doch seitdem hat sich viel getan, die Zahl derer, die in Bayern Hilfe suchen, ist innerhalb weniger Tage massiv gestiegen. Und so hat sich der Landkreis entschieden, auch die Dreifachturnhalle des Gymnasiums zu einer Flüchtlingsunterkunft zu machen, 180 Menschen werden bald hier wohnen.

Offenbar hatten weder Joachim Weikel, Dritter Bürgermeister und einer der Initiatoren des Aktivkreises Flüchtlinge, noch Bürgermeister Georg Hohmann (SPD) den Markt Schwabenern derart große Hilfsbereitschaft zugetraut - beide sagten, sie seien überrascht von dem großen Andrang. Gehofft habe er aber natürlich, dass es so sein würde, betonte Hohmann. Deutlich wurde, dass einige der Helfer am liebsten sofort loslegen würden, doch vieles, das unterstrich Weikel, müsse eben noch warten: Kleiderspenden könnten erst gesammelt werden, wenn feststehe, wer die Unterkünfte in Markt Schwaben beziehe, ob es auch viele Kinder geben werde oder hauptsächlich Männer. Auch sei das Landratsamt noch nicht fertig mit der Ausstattung der Container, daher sei unklar, ob es beispielsweise Bedarf - und Platz - für zusätzliche Waschmaschinen oder Wäschetrockner geben werde. Ausloten wollen die Markt Schwabener auf jeden Fall schon einmal, wie sie den Flüchtlingen WLAN anbieten können - schließlich ist für diese das Skypen oft die einzige Möglichkeit, mit den Lieben in ihrer Heimat überhaupt in Kontakt zu bleiben. Eine Möglichkeit wäre, einen ähnlichen Weg zu gehen wie in München. Hier teilen Bürger oder auch Firmen bei der Freifunkinitiative ihr Internet über einen Router, erläuterte ein Teilnehmer der Veranstaltung am Mittwoch. Hierfür müssten allerdings noch Partner gefunden werden.

Wann die ersten Flüchtlinge in Markt Schwaben überhaupt eintreffen werden, ist bisher noch unklar. Wie flexibel das Landratsamt hier sein muss, verdeutlichte Bürgermeister Hohmann: "Wenn ich bis heute Abend keinen Anruf bekomme, beginnt die Belegung morgen noch nicht", diese Auskunft habe er von Stefanie Geisler, der zuständigen Abteilungsleiterin im Landratsamt, bekommen, sagte Hohmann. Der Anruf kam noch nicht - es könnte aber sein, dass am Freitag oder am Wochenende schon die ersten Flüchtlinge in Markt Schwaben eintreffen. Die Belegung der Turnhalle beginnt nach Informationen des Bürgermeisters wohl erst Ende September.

Mit Applaus nahmen die Markt Schwabener die Ankündigung des Landrats auf, die Hohmann weiter gab: Sobald es die personelle Lage zulässt, soll eine kleine Außenstelle des Landratsamts im Norden eingerichtet werden. An diese Stelle könnten sich nicht nur die Helfer mit Fragen wenden, auch die Flüchtlinge könnten hier kleinere Formalitäten erledigen oder beispielsweise Krankenscheine abholen. Hohmann stellte allerdings in Frage, ob diese Stelle in Anzing sinnvoll wäre, wie es derzeit diskutiert wird. Dort lebten schließlich wesentlich weniger Flüchtlinge als künftig in Markt Schwaben, überdies gebe es zwischen Poing, wo ebenfalls viele Asylbewerber leben, und Markt Schwaben eine S-Bahn-Verbindung. Er habe gemeinsam mit seinen Verwaltungsmitarbeitern deshalb bereits überlegt, welchen Raum im Markt Schwabener Rathaus er dem Landratsamt für diesen Zweck anbieten könnte, sagte Hohmann.

Innerhalb des Aktivkreises Flüchtlinge haben sich bereits die ersten Arbeitskreise formiert, die sich um die Organisation des Alltags, den Themenbereich Gesundheit und die ehrenamtlichen Sprachkurse kümmern wollen. Weiterhin seien zusätzliche Mitstreiter sehr willkommen, unterstreicht Weikel. Kontakt können Interessierte per E-Mail mit Joachim Weikel ( jopa2903@arcor.de) oder Tobias Vorburg ( t_vorburg@web.de) aufnehmen. Auch die Seite www.marktschwabenaktiv.de bietet erste Informationen.

© SZ vom 11.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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