Markt Schwaben:Gefahr vom Rand der Gesellschaft

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Eine Wanderausstellung des Bundesamts für Verfassungsschutz im Franz-Marc-Gymnasium erläutert, wie Extremisten die Demokratie bedrohen - und damit die Freiheit jedes Einzelnen

Von Isabel Meixner, Markt Schwaben

Die Ausstellung kommt zur richtigen Zeit. In einer Zeit, in der sich die rechte Szene im Dunstkreis der Pegida-Demonstrationen formiert, in der Linksautonome bei Kundgebungen auf Polizisten losgehen, in der Islamisten im Namen ihrer Religion Anschläge verüben. Seit Mittwoch ist die Wanderausstellung "Es betrifft dich! Demokratie schützen - Gegen Extremismus in Deutschland" des Bundesamts für Verfassungsschutz im Franz-Marc-Gymnasium in Markt Schwaben zu besichtigen.

Und dass sie aktueller denn je ist, machte Direktor Gerhard Dittmann deutlich: "Demokratie will neu und aktiv gestaltet werden. Du persönlich bist gemeint." Auch der Ort erscheint passend: Das Gymnasium hat sich in den vergangenen Jahren unter anderem durch die Aufarbeitung der Markt Schwabener Geschichte während der NS-Zeit hervorgetan, 2008 wurde es als "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage" ausgezeichnet.

Mit Tafeln, Vitrinen und multimedialen Elementen will die Behörde darüber aufklären, welche Rolle die Freiheit in der Demokratie spielt, von welchen Seiten sie in Deutschland bedroht wird und was die genauen Aufgaben des Verfassungsschutzes sind. Über eine Bodenschwelle betritt der Besucher das Reich der Extremisten. An Touch-Screen-Säulen kann er sich über Rechts-, Links- und Ausländerextremismus informieren, exemplarisch ausgewählte Skinhead-Musik anhören und nationalsozialistische Symbole in der Vitrine anschauen. Er soll erkennen, dass Extremisten bei allen Unterschieden eine Gemeinsamkeit haben: dass Gewalt, Diskriminierung und Abgrenzung bei ihnen eine zentrale Rolle spielt.

Das machte auch Markus Schäfert, Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz, bei der Eröffnung der Ausstellung am Mittwochnachmittag deutlich. Anhand von drei Lebensläufen erklärte er, wie Menschen in die Fänge von Extremisten geraten, sei es der 22-jährige Schulabbrecher, der im Gefängnis erste Kontakte zu Salafisten erhält und sich anschließend radikalisiert, der 20-jährige Realschüler, der seine Lehre überraschend abbricht, nach Syrien reist und dort bei Kämpfen stirbt, oder der junge Mann, der nach der Scheidung seiner Eltern in die Neonazi-Szene abdriftet. Sozialer Halt und Anerkennung spielten eine zentrale Rolle, sagte Schäfert: "Es sind vor allem junge Menschen anfällig, die sich alleine fühlen."

Doch mit welchen Mitteln kann man verhindern, dass sich jemand radikalisiert? Diese Frage versucht Bürgermeister Georg Hohmann in seiner Rede zu beantworten: "Wir müssen dafür sorgen, dass die Ausgegrenzten wieder in die Gesellschaft zurückgeholt werden." Polizei und Verfassungsschutz könnten nur einen passiven Beitrag dazu leisten, die Demokratie zu schützen; der aktive Schutz müsse von den Bürgern ausgehen. Auch Landrat Robert Niedergesäß forderte die Schüler auf, Demokratie nicht als lästige Pflicht zu sehen: "Mischt euch ein, macht den Mund auf. Man kann motzen - man kann aber auch mitmachen."

Die Ausstellung, die bis 3. Februar täglich im Franz-Marc-Gymnasium zu besichtigen ist, wird von zwei Mitarbeitern des Bundesamts für Verfassungsschutz betreut. Sie führen auch durch eine Blackbox, die die Jugendlichen wachrütteln und ihnen zeigen soll: Jeder kann Opfer von Extremismus werden. Denn in dem verspiegelten Würfel kommen Menschen zu Wort, die - aus welchen Gründen auch immer - dieses Schicksal ereilt hat. In der nächsten Station zeigt ein Blick in die Geschichte, wie stark extremistische Regierungen in die persönlichen Freiheiten eingegriffen haben, eine NS-Propagandaminister Joseph Goebbels zeigende Pappfigur lässt auf Knopfdruck Parolen vom "Endsieg" und anderem Reden ertönen.

Der Schlusspunkt aber gehört der Demokratie und ihrem Schutz. Im Amphitheater sitzend können die Besucher die Grundpfeiler nachlesen und diskutieren. "Demokratie kann anstrengend sein", sagt Direktor Dittmann. Doch Streiten und Debattieren gehöre zum Leben dazu.

Die Ausstellung "Es betrifft dich! Demokratie schützen - Gegen Extremismus in Deutschland" ist bis 3. Februar von Montag bis Mittwoch von 8 bis 16 Uhr geöffnet, am Donnerstag von 8 bis 17 Uhr und am Freitag von 8 bis 12 Uhr. Schulklassen und andere Gruppen werden nach vorheriger Anmeldung im Sekretariat, Telefon (08121) 933 50, von einem Mitarbeiter des Verfassungsschutzes durch die Ausstellung geführt.

© SZ vom 23.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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