Markt Schwaben:Fünf Millionen gegen die Fluten

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Markt Schwaben investiert viel Geld in den Hochwasserschutz im Ort. Um sich für Katastrophen zu wappnen, muss die Gemeinde Privatgrundstücke aufkaufen und Landwirten erklären, dass ihre Felder im Ernstfall überschwemmt werden müssen

Von Korbinian Eisenberger, Markt Schwaben

Die verstörenden Bilder aus dem überschwemmten Simbach am Inn sind noch keine neun Monate alt. Auch deshalb intensivierte Markt Schwabens Gemeinderat zuletzt die Vorbereitung auf mögliche Hochwasserkatastrophen. Am Dienstagabend hat das Gremium nun seinen konkreten Vorplan zur Erweiterung des Hochwasserschutzes im Ort vorgestellt. Demnach sollen vor allem drei Bereiche aufgerüstet werden - und zwar mit erheblichem finanziellem Aufwand: In den Ortsteilen Einbergfeld und Roßacker sowie am Gigginger Bach will die Gemeinde insgesamt knapp fünf Millionen Euro investieren, hieß es. Aus den Plänen des beauftragten Ingenieurbüros aus München geht zudem hervor, dass die Gemeinde dafür Privatgrundstücke aufkaufen muss. Manche Grundeigentümer wurden bereits informiert, dass zudem geplant sei, ihre Felder im Hochwasserfall zu überfluten, um Häuser zu schützen.

Den größten Stauraum soll ein neues Rückhaltebecken am Einbergfeld bieten, dort sollen 275 000 Kubikmeter Wasser Platz haben, fast das Zehnfache dessen, was sich am Gigginger Bach und am Roßacker stauen können soll. Theoretisch, so erklärte es Ingenieur Gerhard Würzberg, wäre der Baubeginn in gut einem Jahr möglich. Vorher müssen aber die Grundstücksbesitzer überzeugt werden. "Es gibt Eigentümer, die verstehen, dass Maßnahmen notwendig sind", sagte Bürgermeister Georg Hohmann (SPD) in der Sitzung. "Andere stehen der Sache skeptisch gegenüber." Details über den genauen Stand der Verhandlungen verriet Hohmann bisher nicht, zumindest nicht öffentlich.

Dass Markt Schwaben überhaupt solche Maßnahmen ergreift, liegt vor allem am Hennigbach. Im Prinzip ist er nur ein Rinnsal, das durch den Ort fließt. Welch zerstörerische Gewalt ein kleines Bächlein haben kann, zeigte sich jedoch erst im Sommer in Niederbayern, wo der Bach sich zu einer reißenden Flut verwandelte, einen ganzen Ort zerstörte und fünf Todesopfer forderte. Eine Wucht wie diese entfaltete der Markt Schwabener Hennigbach zwar noch nie. Bei Überschwemmungen ist der Hennigbach aber das Nadelöhr im Ort, hier stauten sich bei starken Regenfällen immer wieder die Wassermassen - beim großen Hochwasser vor 15 Jahren liefen viele Markt Schwabener Keller voll. Erste Maßnahmen wurden damals ergriffen, Bürgermeister Georg Hohmann betonte zuletzt aber immer wieder, dass deutlich mehr gemacht werden müsse.

Nach einem Gemeinderatsbeschluss vom Februar 2015 hatte das Wasserwirtschaftsamt Rosenheim einen Elf-Punkte-Hochwasserplan der Gemeinde genehmigt. Dieser umfasst Rückhalteräume am Einbergfeld und Gigginger Bach, dezentrale Rückhaltungen am Erlberg, an der Wittach, am Rossacker sowie im Burgerfeld Süd und Mitte, zwei Bachverrohrungen am Weiher und am Bauhof sowie zwei Sofortmaßnahmen am Hennigbach. Wirksam, so geht es aus Analysen des Wasserwirtschaftsamt hervor, sind all diese Punkte nur im Zusammenspiel. Gemeinsam sind sie darauf ausgelegt, einem so heftigen Hochwasser standzuhalten, das statistisch gesehen nur alle hundert Jahre eintritt.

Bei der Umsetzung ist die Gemeinde auf

das Entgegenkommen betroffener Landwirte und Grundstücksbesitzer im Ort angewiesen. Deren Wiesen und Äcker braucht es, damit Wasser abfließen kann. Die Gemeinde müsse zudem klären, so Hohmann, wie die Eigentümer und Nutzer landwirtschaftlicher Flächen im Falle einer Überflutung ihrer Grundstücke entschädigt werden. Für die Dämme müsste die Gemeinde zudem ganze Grundstücke von Privatbesitzern erwerben.

Bis gebaut wird, muss also noch einiges passieren, auch in den Behörden. Als nächster Schritt muss das Ingenieurbüro einen Entwurf für das insgesamt 36 Hektar große Gebiet genehmigt bekommen. Dann kommt es zum Planfeststellungsverfahren, wo Gräser, Vögel, Insekten und Frösche berücksichtigt werden müssen. Am Einbergfeld geht es dabei etwa um Rebhühner und Weißstörche, am Gigginger Bach um Goldammern und Grasfrösche und am Rossacker um Weidenröschen und Wachteln. Erst wenn sämtliche Prüfungen so verlaufen, dass das Planfeststellungsverfahren genehmigt ist, können Bagger anrollen. "Ein Baubeginn wäre theoretisch Mitte 2018 möglich", so Ingenieur Würzberg.

Abgeschlossen sind die geplanten Hochwassermaßnahmen dann erst, wenn zusätzlich Rückhaltebecken am Erlberg, im Bereich Burgerfeld-Süd und Burgerfeld-Mitte genehmigt und gebaut sind, also dezentrale Becken am Ortsrand. Priorität hat aber zunächst das Fünf-Millionen-Projekt im Ortskern.

© SZ vom 09.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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