Markt Schwaben:Ein Platz zum Wurzeln

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Doris Seibt vermittelt ihre Begeisterung für ihr Projekt immer wieder bei Führungen über das Gelände. Auch Kinder finden einen Ausflug auf den Storchenacker spannend. (Foto: Christian Endt)

Auf dem Markt Schwabener Storchenacker werden vergessene Kulturpflanzen angebaut - natürlich biologisch. Derzeit ist die Gründerin des Projekts allerdings auf der Suche nach einem neuen Standort

Von Max Nahrhaft, Markt Schwaben

"Alles war nur noch grün." Als Doris Seibt nach Markt Schwaben umzog, war das ihr erster Eindruck. Das mag seltsam wirken in einer der am dichtesten besiedelten Gemeinden im Landkreis, die nicht gerade von Grün- und Freiflächen überwuchert wird. Dabei ver-bindet Seibt das Wort Grün nicht zwangsläufig mit Natürlichkeit. Eher mit Eintönig-keit und industrieller Landwirtschaft. Echte Vielfalt und eine bunte Wiese sehe man höchstens noch in einigen Schrebergärten, aber nicht mehr auf den Feldern und Wie-sen wie noch vor einigen Jahrzehnten. Monokulturen - in erster Linie Mais und Getreide - werden auf den Feldern im Land-kreis angebaut. Dagegen wollte Doris Seibt ein Zeichen setzen und gründete den Storchenacker in Markt Schwaben.

Der 100 Quadratmeter große Garten am Rande des Markt Schwabener Mooses ist über die Jahre zum Herzensprojekt der Agrar-Ingenieurin und Hobby-Gärtnerin geworden. In vier langen Reihen baut sie neben den Gärten anderer Markt Schwabener Gemüsesorten, Wildkräuter und Kulturpflanzen an. Ganz ohne Düngemittel, Pestizide oder hybride Pflanzen aus der Zucht von Agrarriesen wie Monsanto. "Entweder es wächst oder es wächst nicht", so lautet die Devise, die natürliche Selektion regele das Pflanzenwachstum. Was die Gewächse stattdessen benötigen ist Hingabe. "Hier ist viel Jätarbeit gefordert", so Seibt, "Das ist zwar anstrengend und aufwendig, macht aber Spaß." Nur so könne eine lebendige Artenvielfalt existieren, davon ist die 62-jährige Agrar-Ingenieurin überzeugt.

Und die Zahlen geben ihr Recht: Denn im vergangenen Jahr keimten mehr als 60 Pflanzenarten auf dem kleinen Stück Land aus. Eine ursprüngliche Form der Kamille, die Kapuzinerkresse, die Melisse, Sonnenblumen, oder ganz einfach Tomaten, Hafer und Dinkel - alles selbstverständlich biologisch produziert. Das Ackerland wirkt zwar auf den ersten Blick wild und unwegsam im Vergleich zu den industriellen Feldern, doch davon will Seibt nichts hören. Denn was chaotisch erscheinen mag, ist eben Natur, die sich nicht in Gleichförmigkeit verpacken lässt. Was hier gemacht werde, passe eben nicht in die Schemata der konventionellen Landwirtschaft. "In einer reinen Welt wollen viele keine wilden Pflanzen mehr sehen, da müssen wir mit Artenvielfalt dagegen halten", so Seibt. Anstatt großer Landmaschinen müht sich ein Gruppe von 25 Hobby-Gärtnern rund um Doris Seibt ab, um ihren kleinen Zufluchtsort zu erhalten.

Damit das Wissen über die traditionellen Anbauformen nicht verloren geht, versucht Seibt, auch die jüngere Generation für den Storchenacker zu begeistern. Regelmäßig veranstaltet sie Führungen oder lädt in den Garten ein. "Die Kinder kennen heutzutage aus ihrer Umgebung nur noch Mais und Kartoffeln", sagte Seibt, "umso wichtiger ist es, ihnen zu zeigen, welche Arten in der Natur vorkommen."

Auch in diesem Jahr hat sie sich wieder das gleiche Ziel gesetzt wie im vergangenen - ein neuer Standort für den Garten soll her. Denn im Moment muss sie zwar dem Bauern, dem der Grund gehört, keine Pacht zahlen, doch das Feld, auf dem der Storchenacker liegt, wird jedes Jahr umgepflügt. Normalerweise muss sie sogar jedes zweite Jahr den Storchenacker ein Stück weit verschieben, wenn ein neuer Abschnitt der Fläche brach liegt. Langfristige Planung oder der Anbau von Pflanzen, die mehr als eine Saison wachsen, bevor sie aussamen, ist so in der Regel kaum möglich. Momentan kann der Acker aber wieder einmal zwei Jahre hintereinander genutzt werden, worüber sich Seibt freut.

Die Suche nach einem geeigneten Ersatzacker stellt sich ohnehin als kompliziert heraus. "Wir können nicht in die unmittelbare Nähe eines konventionell bewirtschafteten Feldes umziehen", so Seibt. Wenn der Bauer nämlich seine Anbauten mit Düngemittel oder Giften besprüht, ist die Gefahr groß, dass auch der Storchenacker nicht unverschont bleibt. Und das will Doris Seibt unbedingt vermeiden.

© SZ vom 28.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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