Malerei, Collagen und Skulpturen:Der Dualität auf der Spur

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Der Bildhauer Robert Weber und die Malerin Claudia Gribitz erforschen den Raum zwischen Schwarz und Weiß. Über eine berührend-sensible Schau in Grafing

Von Anja Blum, Grafing

Hell und dunkel, Freude und Trauer, Sehnsucht und Erfüllung, gut und böse, Gefühl und Verstand: Gegensätze wie diese prägen unser Denken. Doch was bedeutet das eigentlich? Dieser Frage gehen Robert Weber und Claudia Gribitz nach: Der Bildhauer aus Grafing und die Malerin aus Salzburg sind vor drei Jahren in einen fruchtbaren künstlerischen Dialog getreten und erforschen seitdem gemeinsam das Phänomen der Dualität mit gestalterischen Mitteln. Im Zentrum steht dabei der Ur-Kontrast von Schwarz und Weiß, doch auch alle Nuancen von Grau loten die beiden Kreativen aus. Schließlich liegt die Wahrheit bekanntlich meist irgendwo dazwischen. Eintauchen in Gribitz' und Webers vielschichtige Welt kann man nun im Atelier Weber in Grafing, wo das Projekt derzeit Station macht. Hinzu kommt die Münchner Galerie Biró mit Schmuckstücken mehrerer Künstler.

Schon der Eingang zu der Schau, die am Wochenende eröffnet wurde, macht deutlich, worum es hier geht. Ein von Gribitz und Weber geschaffenes Werk, eine Art gewaltiges Triptychon, veredelt die schnöde Wand im Gewerbegebiet, macht daraus ein Portal in eine andere Sphäre. Zwei Plakate neben der Tür zeigen die Künstler als überlebensgroße Schattenumrisse, im Inneren empfängt den Besucher eine imposante Collage aus Fotografie und Schrift: Auf grauem Asphalt sind ein schräges Kreuz und ein Fußgänger in Weiß zu sehen, darauf haben Weber und Gribitz Begriffe rund um ihr Thema angeordnet. Dualismen des Denkens, des Materials, der Natur. Von Tod, Nacht und Asche über Perle und Alabaster bis hin zu Reinheit, Wahrheit und Auferstehung. Ein Bild gewordenes Brainstorming, das den Besucher perfekt vorbereitet auf das, was da kommt.

Spannender künstlerischer Dialog: Malerin Claudia Gribitz und Bildhauer Robert Weber vor dem Eingang zu ihrer Ausstellung in Grafing. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Weiter geht es im ersten Stock des Ateliers, hier haben die beiden Künstler in großzügigen Räumen Inseln der Inspiration geschaffen, die jeweils mehrere ihrer Werke in Beziehung zueinander setzen. Malerei, Enkaustik, Skulpturen und Objekte. Spannende Blicke, zahllose Wechselspiele ergeben sich da, schnell werden Unterschiede klar, doch auch Gemeinsamkeiten. Teils gehen diese sogar so weit, dass die Urheberschaft manches Exponats rätselhaft bleibt. Fest steht: Diese Ausstellung, diese Begegnung zweier Künstlerpersönlichkeiten ist höchst spannend - trotz der Reduktion, trotz des Verzichts auf bunte Farbe. Oder vielleicht gerade deswegen?

Robert Weber bleibt auch bei der freien Kunst Bildhauer: Er arbeitet stark mit der Form und dem Material, selbst in seinen Bildern sucht er die Dreidimensionalität. Oft arbeitet er mit Holz, Farbe und Wachs, das er mit dem Messer so einritzt, dass tieferliegende Schichten zum Vorschein kommen. Auch Webers "Köpfe" aus Stein wirken trotz ihrer archaischen Helmform wie vom Leben gezeichnet, sind sie doch nie unversehrt, sondern von "Narben" übersäht.

Auch höchst außergewöhnlichen Schmuck gibt es zu bestaunen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Eines seiner Holzboote hat Weber innen mit hunderten Nägeln beschlagen, nun glänzen deren Köpfe wie eine silbrige Schuppenhaut, der schwarze Einbaum wird zum Schmuckstück. Allen Werken Webers gemein ist eine enorme haptische Anziehungskraft - man möchte sie mit den Händen erkunden. Dazwischen eingestreut: kleine, feine Leinwände von Claudia Gribitz, die oftmals seriell arbeitet. Sie geht ebenfalls sehr collagenhaft vor, verbindet Acryl mit Kreide, Schrift und Pappmaché zu zarten Momentaufnahmen. Die Werke, die Gribitz zeigt, sind ausnahmslos im vergangenen Jahr entstanden - sie sind die künstlerische Konsequenz eines großen menschlichen Verlusts. Kein Wunder also, dass die Salzburgerin das Signalrot eingetauscht hat gegen die Palette des Schwarz-Weiß. "Manchmal wird Kunst eben not-wendig - und zu-fällig", sagt Jean Pierre Barraud, Kunstbeauftragter der evangelischen Kirche, bei der Vernissage. Gribitz Malerei gibt Zeugnis von Verunsicherung: Zeit, Raum und Gefühle verschwimmen, schemenhafte Formen und Gestalten treten aus dem Nebel hervor, lösen sich wieder auf.

Der Charme dieser Ausstellung besteht jedoch genau darin: Vieles bleibt mehrdeutig, ist weder schwarz, noch weiß, sondern zeigt Mut zur Verletzlichkeit. Gerade diese Sensibilität lässt einen nicht kalt, sie berührt im Innersten.

Und schlicht Staunen darf man hier obendrein, nämlich über den höchst außergewöhnlichen Schmuck, den die Galerie Biró zeigt: Mini-Skulpturen sind das, geschaffen von Künstlern, die sich dem allerkleinsten Format verschrieben haben. Da gibt es gegossene Ketten, Gestricktes aus Silberfäden und glänzende Mausefallen, da wird mit Blattgold, Lack und Spiegeln gearbeitet. "Schmuck bereichert das Leben einfach ungemein", schwärmt Kinga Zobel von Biró, und man kann ihr nur zustimmen. Denn mit den üblichen Schmiedearbeiten haben diese Exponate nichts zu tun - sie sind tatsächlich museal.

Kinga Zobel von der Galerie Biró aus München zeigt Skulpturen von kleinstem Format. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Ausstellung im Atelier Weber, Griesstraße 18 in Grafing: Werke von Robert Weber, Claudia Gribitz aus Salzburg und der Galerie Biró aus München. Zu sehen bis 21. Juli, freitags, samstags und sonntags jeweils von 14 bis 19 Uhr sowie nach Vereinbarung.

© SZ vom 03.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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