Landkreis-Grüne:Die absolute Mehrheit knacken

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Die Grünen bereiten sich auf den Landtagswahlkampf vor, ihren Hauptkonkurrenten sehen sie in der CSU

Von Wieland Bögel, Grafing

Viele Aufgaben, viele Chancen und ein klarer Gegner: So sehen die Grünen im Landkreis die Situation vor der Landtags- und Bezirkstagswahl im kommenden Herbst. Am Mittwoch nominierte der Kreisverband seine Direktkandidaten.

Für den Bezirk wird sich die langjährige Grafinger Stadträtin Ottilie Eberl bewerben. Sie arbeitet seit 40 Jahren im Einrichtungsverbund Steinhöring mit Behinderten, "mein Gehalt kommt schon vom Bezirk, da wollte ich auch mal die andere Seite sehen". Punkten will Eberl mit ihrer Erfahrung, "ich kann über die Sonnen- und die Schattenseiten von Integration und Inklusion berichten". Der Ebersberger Thomas von Sarnowski, früher Grünen-Kreisvorsitzender und aktuell Geschäftsführer des Bezirksverbands Oberbayern, strebt das Direktmandat für den Landtag an. Ob weitere Ebersberger bei der Wahl antreten, entscheidet sich erst Ende Januar, wenn in Ingolstadt die Listen aufgestellt werden.

Dass die Wahl des Tagungsortes auf die Heimatstadt des CSU-Chefs fällt, passt gut zur Linie, die Sarnowski für den anstehenden Wahlkampf ausgab. Denn das Ziel müsse sein, "der CSU die absolute Mehrheit abzuringen". Gerade aus Sicht eines Grünen sei die Bilanz der christsozialen Regierung höchst unerfreulich, meinte der Kandidat. Etwa das kürzlich vom Kabinett beschlossene neue Landesentwicklungsprogramm. Damit werde die Flächenversiegelung weiter zunehmen, "es muss nicht an jeder Autobahnausfahrt ein riesiges Gewerbegebiet entstehen." Alle zwei Jahre, so Sarnowski, verschwinde in Bayern eine Fläche von der Größe des Ebersberger Forstes unter Beton, "das sieht wirklich nicht schön aus, und die CSU will nichts tun, um diese Entwicklung zu stoppen."

Natürlich gibt es aus grüner Sicht auch schöne Entwicklungen, etwa das Windrad bei Bruck, "es freut mich immer, wenn ich es sehe". Erfreulich sei auch, dass sich die Kritiker inzwischen "damit versöhnt" hätten. Mit einem sei es aber nicht getan, "wir brauchen mehr Windräder". Deren Bau allerdings die CSU im Wege stehe. Die Windkraft könne in Bayern wirtschaftlich sein, "aber es fehlt der politische Wille." Die 10-H-Regel, wonach Windräder mehr als das Zehnfache ihrer Höhe von der nächsten Wohnbebauung entfernt sein müssen, gehöre abgeschafft. Auch gesellschaftspolitisch sei die CSU überholt, "das ist eine illiberale Partei", so Sarnowski. "Sie faseln von einer Leitkultur, von der aber keiner weiß, was das eigentlich sein soll."

Dass man im Wahlkampf eine klare Linie gegen die CSU fahren müsse, habe man als Grüner ja quasi "mit der Muttermilch aufgesogen", meinte Stefan Kisters, der 2009 und 2013 als Direktkandidat für den Bundestag antrat. Dennoch mahnte er, sich nicht zu sehr auf die Christsozialen einzuschießen: "die Feinde der Demokratie kommen woanders her". Ihm sei jemand, der sich bei CSU oder JU engagiere, um Politik zu machen, "viel lieber, als die Populisten, die einfach nur schreien". Zumal die Grünen in manchen Punkten sogar mit den Christsozialen mehr Schnittmengen hätten, als mit anderen Parteien, "beim Kohleausstieg sind wir näher an der CSU als an der SPD".

Zumindest auf kommunaler Ebene gebe es durchaus Anknüpfungspunkte, sagte der Kandidat. Beim derzeit laufenden Volksbegehren der Grünen gegen die Versiegelung hätten auch Kommunalpolitiker der CSU Sympathie gezeigt. Und ganz grundsätzlich sei "die CSU schon noch im rechtsstaatlichen Bereich" - allerdings "versuchen sie auch, bei den Populisten zu fischen". Sarnowski erwartet, dass die Christsozialen "im Wahlkampf weiter nach Rechts gehen", was für die Grünen aber durchaus eine Chance sein könnte: "Was die CSU in der Mitte verliert, das holen wir uns."

© SZ vom 01.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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