Übernachten im Landkreis Ebersberg:Die Betten sind gemacht

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Nach sieben langen Monaten dürfen Hoteliers wieder Gäste begrüßen. Die Euphorie im Landkreis Ebersberg ist dennoch getrübt.

Von Karin Pill

Endlich wieder Urlaub machen! Nach knapp sieben Monaten, in denen die Hotel- und Beherbergungsbetriebe in Bayern geschlossen waren, dürfen Hotellerie, Ferienwohnungen und Campingplätze bei einer Sieben-Tage-Inzidenz von unter 100 von diesem Freitag an wieder öffnen. Gemäß der aktuell niedrigen Inzidenz von knapp über 50 im Ebersberger Landkreis dürfen also auch hier wieder Gäste zu touristischen Zwecken übernachten.

Was manchen Urlaubshungrigen zu lautem Jubel veranlassen dürfte, lässt Franz Schwaiger, Vorstand der Kreisstelle Ebersberg des Hotel und Gaststättenverbandes, eher kritisch die Stirn runzeln. "Es ist ja schön, dass wir wieder öffnen dürfen", so Schwaiger, der auch Inhaber des Hotel-Café Schwaigers in Glonn ist. Aber sein Problem und das seiner Kollegen sei, dass "die Inzidenz verlässlich tief sein muss". Er erklärt das Dilemma: "Wenn die Leute am Freitag bei uns anreisen und die Inzidenz am Samstag dann auf über Hundert steigt, muss ich alle spätestens am Dienstag wieder heimschicken - auch wenn die Gäste für eine Woche gebucht haben."

Den Besitzern von Hotels oder Pensionen mangelt es also nach wie vor an Planungssicherheit. Nach Monaten des Darbens könnten sie jedoch gerade jetzt verlässliche Einnahmen gebrauchen. Denn aufgrund des Lockdowns durften die bayerischen Beherbergungsbetriebe auch im März nur Gäste für nicht-touristische Zwecke, also etwa Pendler oder Geschäftsreisende, bei sich aufnehmen. Die Branche verzeichnete deshalb im März sogar deutlich weniger Gäste in bayerischen Hotels als im März des vergangenen Jahres, als die ersten Hotelschließungen gerade erst begannen, sich abzuzeichnen.

So vermeldet das Bayerische Landesamt für Statistik für den Landkreis Ebersberg im vergangenen März eine Zahl von gerade einmal 3717 Gästen. Diese logierten dann in 50 geöffneten Betrieben. Im ganzen ersten Quartal des Jahres 2021 kamen demnach gerade einmal 8427 Gäste im Landkreis Ebersberg an. Das entspricht einem Rückgang von knapp 76 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Bayernweit erfasst das Bayerische Landesamt für Statistik für den Monat März rund 424 000 Gästeankünfte und rund 1,7 Millionen Übernachtungen. Das sind 60,2 Prozent weniger Gästeankünfte und 46,5 Prozent weniger Übernachtungen als im März 2020. Im Vergleich zum März 2019 ist das sogar ein Rückgang um knappe 75 Prozent, so das Statistische Landesamt.

Auch wenn diese Negativzahlen von März schon für sich sprechen, fürchtet der Landkreis-Tourismusbeauftragte Augustinus Meusel, dass das ganze Ausmaß erst in ein paar Wochen deutlich werde. Denn bei gleichbleibenden Fixkosten für die Betriebe, sind diese Einnahmeausfälle eine massive Belastung. "Außerdem geht im Landkreis die Wertschöpfung verloren", so Meusel. Der Konsum, den Gäste vor Ort tätigen, also etwa der Kaffee auf dem Marktplatz oder die Postkarte aus der Buchhandlung, fiele weg. Auch die Tatsache, dass zwar durchaus beruflich Reisende im Landkreis Halt machten, aber kürzer blieben, als dies vielleicht unter anderem Umständen der Fall gewesen wäre, führte laut Meusel dazu, dass die Zimmer öfter neu vergeben und gereinigt werden mussten. "Nicht nur für die Beherbergungsbetriebe, sondern für den gesamten Ebersberger Landkreis bedeutet das enorme wirtschaftliche Schäden", sagt Meusel.

Franz Schwaiger in Glonn hatte sein Hotel für die vergangenen Monate nicht nur so aufgerüstet, dass alle Hygienemaßnahmen erfüllt waren. Mit einem Home-Office-Angebot in seinen Räumlichkeiten hat er sogar versucht, Arbeitnehmer vom heimischen Schreibtisch zu sich zu locken - ein Ortswechsel für die Arbeitnehmer, eine alternative Raumnutzung für Schwaigers Hotel. Doch da das Angebot noch recht neu sei, "haben das in den letzten Monaten gerade einmal drei bis vier Personen genutzt", so Schwaiger. Auch die Zimmerbelegung seines Hotels für Gäste nicht-touristischer Zwecke ist meilenweit von dem entfernt, was Schwaiger sonst gewohnt ist. "Sie müssen sich mal vorstellen: Vor Corona waren bei uns unter der Woche 30 bis 35 Zimmer belegt. Das entspricht in etwa 50 Prozent. Aktuell haben wir unter der Woche gerade einmal drei bis fünf Gäste", so Schwaiger.

Er zeichnet ein düsteres Bild: "Viele überlegen sich, ob sie überhaupt wieder aufmachen sollen. Für viele Betriebe, die kein Familienbetrieb sind, rentiert es sich einfach nicht." Denn während man sich im Familienbetrieb schnell mal unentgeltlich aushilft, müssen Angestellte natürlich entlohnt werden. Auch die Ankündigung, dass Hotels wieder öffnen dürften, kam für Schwaiger einfach zu kurzfristig. "Wenn Sie in den Urlaub fahren, dann wollen Sie das doch auch nicht einfach eine Woche vorher entscheiden." Über Pfingsten hätten sich nun drei Gäste aus München sowie ein Gast aus Glonn bei ihm eingebucht. Diese blieben allerdings nur für eine Nacht. Darüber freue er sich zwar, sagt Schwaiger, aber das bedeute auch einen großen Aufwand für eine Handvoll Gäste.

Beim Hotel-Gutsgasthof Stangl in Neufarn ist die Stimmung ähnlich getrübt. Inhaber Ludwig Fauth kritisiert ebenfalls, dass die Öffnungen zu kurzfristig gewesen seien. Darüber hinaus denkt er, dass viele Menschen die aktuell geltenden Regelungen als zu kompliziert empfinden könnten. "Außerdem ist das touristische Angebot noch recht eingeschränkt. Man kann ja kaum was machen", so Fauth. Auch, dass der sonst so wonnige Monat Mai sich dieses Jahr nicht von seiner besten Seite zeigt, mache alles "zu einer unglücklichen Situation", sagt Fauth, der einen Großteil seines Geschäfts mit Hochzeiten, Taufen, oder Kommunionen macht, bei denen dann auch Leute im Hotel übernachten. "Wir brauchen einfach auch die Möglichkeit, nach innen ausweichen zu können, wenn's wieder mal regnet." Fauth fordert daher ähnliche Regelungen wie letztes Jahr um diese Zeit. Diese hätten ja ganz gut funktioniert, findet Fauth.

© SZ vom 21.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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