Breitensport im Kreis Ebersberg:Challenge accepted

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Die Sportvereine im Kreis Ebersberg bemühen sich auch im Teil-Lockdown, ihren Mitgliedern etwas zu bieten - und sei es nur über das Handy.

Von Serafina Rumm, Ebersberg

Schon wieder sind die Vereine durch Corona ausgebremst. Seit November ist kein normaler Sport- und Spielbetrieb mehr möglich. Der Umgang damit ist unterschiedlich: Während die einen versuchen, mit ihren Mitgliedern auf anderem Weg in Kontakt zu bleiben, beispielsweise über Online-Angebote, haben andere ihr Engagement vorerst auf Eis gelegt. Viele verbindet aber die Sorge, dass die Mitglieder sich aus finanziellen Gründen von den Vereinen abwenden werden.

Beim TSV Ebersberg etwa ist in manchen Abteilungen die sportliche Betätigung wegen der Schließung der Hallen zur Privatsache geworden und liegt im Ermessen der einzelnen Mitglieder. So etwa versuchen die Turner, über Whatsapp in Kontakt zu bleiben, um so einen Ausgleich für das fehlende Vereinsangebot in den Hallen zu schaffen. Per Video schicken sie sich Anregungen zum Nachturnen und versuchen so, gleichzeitig motiviert zu bleiben und nicht aus der Übung zu kommen. Der innere Schweinehund, trotz Corona am Ball zu bleiben, sei nämlich zuhause größer als im Training in der Gruppe, berichtet Claudia Lex, Ansprechpartnerin für das Geräteturnen der Mädchen. Sie sagt außerdem, dass der Anreiz für die Sportlerinnen durch das fehlende Präsenz-Angebot höher ist, sich mehr alternativen Hobbys wie zum Beispiel der Musik zu widmen und hat Bedenken, dass sie so letztendlich ganz vom Turnen abwandern.

Auch Dominic Mayer, Geschäftsführer des TSV Ebersberg, erklärt, dass der Versuch, mit Videoangeboten einen Ausgleich zu schaffen, zwar gut sei, aber die Motivation der Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit der Zeit stetig nachlasse, weil die Grundlagen des Sports, die Gemeinschaft und das Miteinander, fehlen. Er geht jedoch davon aus, dass die Einschränkungen für das Training noch mindestens bis nach Weihnachten andauern werden. Er hoffe aber, so Mayer, den Betrieb nach den Ferien wieder aufnehmen zu können. Mit dem vor der Schließung ausgearbeiteten Hygieneplan des Vereins habe der Sportbetrieb bereits gut funktioniert.

Bohdan Kalwarowskyj, Vorsitzender des TSV Zorneding, sieht die Aussetzung des Sportbetriebs insbesondere im Hinblick auf die älteren Vereinsmitglieder problematisch. Die Senioren könnten sich nicht wie vorher bewegen, da aktuell nur Spaziergänge auf dem Feld möglich seien. Joggen fällt zur jetzigen Jahreszeit wegen der Rutschgefahr als Option weg. Die Schließung des Betriebs sei zwar wichtig, um die Senioren vor einer Infektion zu schützen, so Kalwarowskyj, die Maßnahme sei aber weder für die Gesundheit, noch für den Geist der Senioren gut. Für sie sei im Alter der Sport nicht nur ein guter Ausgleich, um fit zu bleiben, sondern sie wüssten auch die Gemeinschaft im Vereinsleben sehr zu schätzen. Allen Bedürfnissen gerecht zu werden, sei derzeit schon eine besondere Herausforderung, da grundsätzlich nur Einzeltraining möglich ist, was für die Übungsleiter jedoch kaum umsetzbar sei. Jetzt bleibe nur noch zu hoffen, dass es im Dezember, wenn die Jahresbeiträge fällig werden, keine große Austrittswelle unter den Vereinsmitgliedern gebe.

Beim TSV Grafing trainiert aktuell nur noch die Volleyballmannschaft der zweiten Bundesliga ganz normal für ihre Wettkämpfe, ansonsten gibt es auch hier Videoangebote verschiedener Abteilungen. Die Fitness- und die Turnerabteilung des Vereins haben sich sogar eine gemeinsame Herausforderung gestellt, um die Lockdown-Zeit zu überstehen. Jede Woche erstellt abwechselnd eine Abteilung eine Übung, die dann in der Whatsapp-Gruppe für alle Teilnehmer zu sehen ist. Die andere Abteilung muss anschließend das Sportprogramm durchziehen und als Beweis ein Video schicken. Diese sogenannte "Challenge" mache es den Sportlerinnen leicht, trotz Corona präsent zu bleiben. Langjährige Freundschaften und das soziale Miteinander könnten so, weiterhin bestehen, erzählt Monika Kolic, die stellvertretende Leiterin der Fitnessabteilung, die sich Mühe gibt, über die Whats-App-Challenge hinaus mit allen in Kontakt zu bleiben.

Ingrid Geigl, Abteilungsleiterin der Turnabteilung des TV Markt Schwaben, muss in ihrer Abteilung dieses Jahr einen Mitgliederverlust von 20 Prozent - das sind immerhin 300 Mitglieder - feststellen. Einige Mitglieder weigerten sich wohl, den Jahresbeitrag von hundert Euro zu zahlen. Weil das Angebot des Vereins ausfalle, wollten sie ihr Geld zurückhaben. So einfach kann der Klub auf die Gelder nicht verzichten, weil sie dem Fortbestehen des Vereins dienen. Schließlich habe der Turnverein laufende Kosten, die nach wie vor getragen werden müssten. Die Übungsleiter würden ihre Stunden darüber hinaus genauso vermissen, wie die Turnerinnen und Turner. Sie würden ja nicht wegen des Geldes als Trainer arbeiten, "sondern sind mit Herzblut dabei. Wir leiden alle", so Geigl.

Die Turn-Abteilungsleiterin hofft, dass die Vereine, die sich vor der Schließung äußerst genau an die gut ausgearbeiteten Hygienekonzepte gehalten hätten, bald wieder in die Hallen dürfen: "Warum darf der Schulsport stattfinden und wir nicht?", sagt Geigl. Sie wünsche sich, dass es mit einem Impfstoff im neuen Jahr wieder aufwärts geht und dass ein fester Stamm an Mitgliedern erhalten bleibt. Außerdem werde der Verein die im Januar fälligen Beitragszahlungen vorerst nicht abbuchen und "erst einmal sehen, wie es weitergeht, mit dem Turnverein".

Für die Adventszeit hat die Markt Schwabener Turnsparte einen Online-Adventskalender auf ihrer Homepage veröffentlicht, auf dem jeden Tag ein neues Türchen aufgeht, kostenlos, auch für alle, die nicht Vereinsmitglieder sind.

© SZ vom 08.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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