Laden geschlossen:Frostige Aussichten

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Der Kiosk an der Station in Grafing-Bahnhof hat seit Kurzem geschlossen. Den Kunden fehlt nun nicht nur ein Anlaufpunkt bei unfreiwilligen Aufenthalten, auch auf die Beratung beim Ticketkauf müssen sie verzichten

Von Barbara Mooser und Valentina Antonucci, Grafing

Klaus Scheuer kommt ins Schwärmen, wenn er erzählt, wie er früher seine Bahntickets gekauft hat. "Einmalig" sei der Service am Schalter in Grafing-Bahnhof gewesen, freundlich hätten sich die Mitarbeiter der Anliegen angenommen, sich immer Mühe gegeben, auch wirklich das günstigste Ticket zu finden. Doch damit ist es nun vorbei: Als sich der 77-Jährige kürzlich eine Bahnkarte für den Besuch bei seiner Schwester in Schleswig-Holstein kaufen wollte, fand er statt freundlicher Ansprechpartner nur noch verrammelte Türen vor: Der Fahrkartenschalter ist seit Kurzem ebenso geschlossen wie der Kiosk am Bahnhof, in dem er sich befand. "Gerade für uns Ältere ist das sehr schade", sagt Scheuer.

Gekündigt hat nach Angaben eines Bahnsprechers der bisherige Betreiber des DB Service Stores, von sich aus, zum 31. Oktober. Geschlossen hat der Laden schon vorher, inzwischen sind die Räume leer: Regale und Möbel sind weggeräumt, ein schweres Eisengitter trennt den bisherigen Fahrkartenverkauf vom ehemaligen Kiosk ab. Nur ein blaues Schild über der Tür weist noch darauf hin, dass es hier mal Fahrkarten und Informationen gab. Tatsächlich war die Tatsache, dass der Betreiber des DB Service Stores sein Geschäft aufgab, auch der Auslöser für die Schließung des Fahrkartenverkaufs, der bisher als "Shop-in-Shop" von der Bayerischen Oberlandbahn, dem Betreiber des Meridian, angeboten wurde. Man prüfe derzeit, ob die Verkaufsstelle vielleicht an anderer Stelle wieder eröffnet werden könne, sagt ein Sprecher der Oberlandbahn, konkrete Vorstellungen oder einen Zeitplan gebe es hierfür aber noch nicht.

Ohne Kiosk wird es beim Warten auf die Bahn schnell ungemütlich

Für Klaus Scheuer ist diese Perspektive sehr betrüblich, war Grafing-Bahnhof doch die einzige Station weit und breit, die noch persönliche Beratung anbot. Zwar gibt es noch einen Fahrkartenautomaten, doch der ist für ihn ebenso wenig eine Alternative wie eine Online-Buchung: "Ich verstehe nichts vom Internet und bin kein Computermensch", sagt der 77-Jährige. Außerdem müsse man sich schon auskennen, um das beste Angebot zu finden: "Das ist ja dermaßen kompliziert!" Für ihn bleibe die einzige Möglichkeit nun, zum Kartenkauf nach München zu fahren. Ähnlich werde es sicher auch vielen anderen älteren Menschen gehen, vermutet Scheuer.

Doch auch für viele andere Bahn-Nutzer ist die Schließung des Kiosks bedauerlich. Schließlich ist Grafing-Bahnhof ein neuralgischer Punkt im Bahnsystem, hier beginnt die eingleisige Strecke bis Ebersberg. Bei Verspätungen enden daher immer wieder hier vorzeitig Züge, Fahrgäste stranden mit der Perspektive, dass es erst 40 Minuten später wieder weiter geht. Da war bisher der Bahnhofskiosk gerade im Winter ein sehr willkommener Ort, um sich mit Kaffee oder heißer Schokolade aufzuwärmen und wenigstens ein paar Minuten in einem geheizten Raum zu verbringen. Denn einen anderen Wetterschutz - sieht man von dem überdachten Bahnsteig oder der in der Regel übel riechenden Unterführung ab - gibt es nicht. Außerhalb des Bahnhofs gibt es zwar eine Bäckerei und eine kleine Kneipe, wer sich so weit von den Gleisen weg wagt, vergibt sich aber die Chance, möglicherweise mit einem Sprint doch noch eine Bahn zu erreichen, die sich überraschend doch nicht so stark verspätet wie angekündigt.

Die Bahn sucht nach einem neuen Betreiber, doch das kann dauern

Möglicherweise freilich bleiben die Räume nicht für immer leer: Die Bahn suche nämlich durchaus einen Nachmieter, "der wie bisher möglichst wieder Reisendenbedarf verkaufen sollte", wie ein Sprecher erklärt. Dabei müsse es sich aber nicht wieder unbedingt um einen DB Service Store handeln: "Als Betreiber kämen zum Beispiel auch ein Bäcker, Zeitschriftenladen oder Kiosk mit entsprechendem Angebot an Reisendenbedarf infrage." Zu welchen Bedingungen die Bahn den Laden vermieten würde, dazu gibt es keine Auskunft: Der Mietpreis sei Verhandlungssache, heißt es.

Allerdings zeigt sich an anderen Stationen, dass für Geschäftsleute ein Laden an der Bahn oft nur wenig attraktiv ist. In Ebersberg ist der DB Store und Fahrkartenverkauf seit Jahren geschlossen; entlang der S 4 gibt es zwar an einigen Stationen noch einen Kiosk, doch nirgendwo mehr einen Fahrkartenverkauf - wenn auch einige Schreibwarenläden MVV-Tickets im Angebot haben. Etwas besser sieht es an der S 2 aus: Sowohl in Poing als auch in Markt Schwaben sind in den Kiosken am Bahnhof auch Tickets zu haben.

© SZ vom 04.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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