Kunstverein:Musik aus dem Nichts beflügelt Maler und Bildhauer

Das legendäre "Köln Concert" von Keith Jarrett im Januar 1975 ist Thema der diesjährigen Mitgliederausstellung des Kunstvereins Ebersberg.

Rita Baedeker

Wie sehr doch manchmal Musik und Malerei auf gleicher Welle schwingen. Die berühmten "Bilder einer Ausstellung" von Modest Mussorgsky zum Beispiel lassen Gemälde von Szenen, Figuren und Landschaften aus dem alten Russland in den Klangfarben des Klaviers noch einmal entstehen. Und manchmal besitzt ein Musikstück soviel Aussagekraft, dass Maler und Bildhauer darin eine Inspiration für eigene Ausdrucksmöglichkeiten entdecken.

Kunstverein: Peter Gierse (im Bild) hatte gemeinsam mit Paul Bross die Idee für die Mitgliederausstellung im Kunstverein Ebersberg.

Peter Gierse (im Bild) hatte gemeinsam mit Paul Bross die Idee für die Mitgliederausstellung im Kunstverein Ebersberg.

(Foto: Christian Endt)

Das legendäre "Köln Konzert" von Keith Jarrett vom 24. Januar 1975, Teil eins, ist heuer Thema der Mitgliederausstellung des Kunstvereins Ebersberg in der Alten Brennerei. Die Idee dazu hatten Peter Gierse und Paul Bross vom Vorstand. "Warum nicht mal diese Musik", hatte Gierse sich gedacht, eine Musik, die als Kultstück in die Geschichte einging und sowohl Klassik-, als auch Jazzliebhaber anspricht. Jarretts geniale Improvisationskunst, aus dem Nichts heraus Musik zu schaffen, mal ruhig und flächig wie ein breiter Fluss, mal druckvoll und dramatisch, öffnet die Sinne und stimuliert die Phantasie.

Die Mitglieder, die am Samstag und Sonntag jeweils zwei Arbeiten für die am 28. August beginnende Ausstellung eingereicht haben, reagierten unterschiedlich auf die Vorgabe. "Manche finden das Thema sehr schwierig, andere ganz toll", erzählt Gierse. Aber wie auch immer: Eine Stunde vor Schließung der "Annahmestelle" haben immerhin rund 60 Künstler und Künstlerinnen ihr "Einreichungsformular" ausgefüllt. Das, so Gierse, sei eine sehr gute Quote."

Mal geht es in den meist abstrakten Arbeiten um Rhythmus und Emotion, mal um visuelle Eindrücke, angefangen beim Kölner Dom über die Tasten des Klaviers bis zu poppig gemalten Ohren samt - echten - Ohrstöpseln. Die oszillierenden Klänge des 62 Minuten dauernden Konzerts hat zum Beispiel Waltraud Röpke in eigene grafische Muster übersetzt, Katrin Gläser hat pastellfarbene Blasen gemalt, Ausdruck schöpferischen Wirkens im Chaos, und Margot Haringer eine abstrakte Notenschrift.

Erika Prabst hat das Thema Farb-Rhythmus in fünf Einzelbildern aufgegriffen. Das Thema, so die Malerin, habe ihr zwar gefallen, aber es hätte durchaus enger, konkreter ausfallen können. Margarete Fritz-Herrmann hat sich Jarretts Musik mittels einer Farbstudie aus Blau- und Grautönen genähert. "Regentag", nennt sie ihr Bild. "Ich fand, dieses Konzert mit seinen perlenden Tönen gleicht dem Regen." Hans Goedecke hat mehrere Stäbe locker gebündelt. Wenn man sie berührt, erklingt ein Ton.

Peter Gierse zeigt eine filigrane Installation aus farbigen Alustäben mit Styroporplättchen. Von einem das Werk im Boden verankernden Stein ausgehend - Gierse nennt ihn den 1. Ton - schrauben sich die Stäbe wie Melodiestränge federleicht in die Höhe, eine poetische Metapher auf die Kunst der Improvisation.

Noch aber kehren die meisten Bilder dem Betrachter ihre hölzerne, in Plastikfolie gewickelte Kehrseite zu. Vorsichtig dreht Gierse eines nach dem anderen um, schaut, ob sie ordentlich beschriftet sind. Auf dem Boden liegt Packpapier ausgebreitet. Eine Stunde noch, dann ist "dead line". Juriert werden die Arbeiten bei der Mitgliederausstellung zwar nicht, aber eine Hänge-Kommission wird darüber wachen, dass, so Gierse diplomatisch, "die Bilder gut platziert werden."

Erstmals hat die Sparda-Bank heuer Kunstpreise ausgelobt - Beträge zwischen 700 und 400 Euro für die drei Sieger, die von den Besuchern der Ausstellung ermittelt werden. Jeder kann auf der Eintrittskarte vier Favoriten notieren. Am Sonntag, 19. September, werden die Preise verliehen.

Die Ausstellung dauert bis Sonntag, 19. September, und ist Freitag bis Sonntag von 14 bis 18 Uhr geöffnet.

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