Kultur:Digitale Weihnachtsgeschichte

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Bei einem gemeinsamen Projekt der Poinger Kirchen ist eine Alternative zum herkömmlichen Krippenspiel entstanden. In Form eines E-Books wollen alle Beteiligten auf moderne Art Zuversicht und Hoffnung transportieren

Von Serafina Rumm, Poing

Weihnachten gilt als ein sehr traditionelles Fest, dennoch lässt es sich gut mit modernen Elementen anreichen. Das dachte man sich offenbar auch in Poing, wo sich die Pfarrgemeinden in diesem Jahr anstelle des herkömmlichen Krippenspiels ein Alternativprogramm überlegt haben: ein digitales Weihnachts-E-Book.

Auf zwölf Doppelseiten zeigt das virtuelle Buch auf jeder Seite eine Szene der Weihnachtsgeschichte - von der Verkündigung bis zur Geburt Christus und dem Besuch der Heiligen Drei Könige. Das Prinzip funktioniert fast schon interaktiv: Die linke Seite zeigt ein selbstgemaltes Bild, das jeweils eine Szene der Geschichte darstellt. Sobald man die Charaktere anklickt, fangen sie an zu sprechen, es lässt sich ihr Dialog verfolgen. Klickt man das Videobild auf der rechten Seite an, wird dieselbe Szene, die auf der linken Seite gemalt ist, als kurze Filmsequenz abgespielt.

Die Poinger Kinder haben die Stationen der Geschichte wie beim Krippenspiel nachgespielt und mitgefilmt. Wenn man auf der linken Seite einen Stern anklickt, erzählt eine Audioaufnahme, die Rahmengeschichte auf der jeweiligen Seite. Über ein Notensymbol erklingen außerdem passende musikalische Beiträge. Da singt einmal der Kirchenchor, dann spielt eine Solistin Harfe, die Jugendband musiziert oder man darf den Stimmen eines Männerchor lauschen. "Das sind alles Musiker aus der Kirchengemeinde", erklärt Claudia Zörnweg.

In dem Projekt, das die beiden Poinger Kirchen gemeinsam auf den Weg gebracht haben, werden liebevoll gestaltete Bilder mit moderner Technik zusammengebracht. (Foto: Veranstalter)

Die stellvertretende Vorsitzende des Pfarrgemeinderats in St. Michael ist gleichzeitig auch Initiatorin für das E-Book. Die Idee dazu hatte sie durch ihren Beruf als Lehrerin, denn in der Schule musste das alljährliche Krippenspiel im Seniorenheim auch neu konzipiert werden. Schnell wurde die Möglichkeit in Betracht gezogen, sich mit der Christuskirche zusammen zu tun. "Die Idee wurde ausgeweitet und meine Kinder kamen einfach noch dazu", sagt Johanna Thein, Pfarrerin der Christuskirche. "Alleine hätte ich das nicht so groß aufziehen können." Schon an Sankt Martin hätten Michael Wendlinger, Pastoralreferent in St. Michael, und Thein festgestellt, dass sie sich dieses Jahr für das Krippenspiel in neuer Form zusammen tun könnten. So entstand Mitte November eine gemeinsames Projekt, das im Internet für alle frei zugänglich sein wird.

Bereits vorab habe die Pfarrei St. Michael entschieden, dieses Jahr "ein digitales Format anzugehen", vor allem auch "wegen der großen Unsicherheit, was Weihnachten überhaupt möglich ist in der Kirche", wie Michael Wendlinger sagt: "Das Digitale ist nicht nur eine Bereicherung, weil es alle anspricht, sondern auch weil es außerdem diejenigen erreicht, die nicht am Weihnachtsgottesdienst teilnehmen können oder wollen."

Michael Wendlinger ist es wichtig, dass das Projekt altersübergreifend gestaltet wird und mit dem E-Book hätten sie "beide im Blick gehabt": Die einen, die sich freuen zuzuschauen - die Leser also - und die anderen, die Spaß am Spielen und Gestalten haben.

Über 100 junge und ältere Bürger haben sich bereits am gemeinsamen Projekt der Poinger Kirchen beteiligt. (Foto: Veranstalter)

Das gemeinsame Vorhaben wurde im Gemeindebrief der Pfarrei ausgeschrieben und startete mit einer kurzen Anmeldephase von nur einer Woche. Jung und Alt vom Kindergartenkind bis zum Senior, alle, die Lust hatten mitzumachen, konnten sich melden. Tatsächlich traf gleich ein so "großer Ansturm" ein, dass das Grundkonzept, das Zörnweg für die Schule ausgearbeitet hatte, noch einmal umgestellt und angepasst werden musste, um für jeden eine passende Rolle oder Aufgabe zu finden. Bisher haben sich bereits rund 100 Menschen am Projekt beteiligt, sagt Zörnweg, und immer noch kämen Kinder und Erwachsene hinzu.

Die verschiedenen Handlungsabläufe rund um das E-Book sind dementsprechend gut durchdacht: Bevor die Produktion - heißt die Video- und Audioaufnahmen und die Bildermalerei - starten konnte, hat jeder der sich innerhalb der Anmeldefrist gemeldet hatte, genaue Angaben von Zörnweg bekommen, was für die jeweilige Aufgabe zu tun ist: Für viele fleißige Kinderhände gab es detaillierte Kurzbeschreibungen der Szene, die gemalt werden sollte. Damit zum Beispiel das blaue Kleid von Maria in jeder Szene der Geschichte in den Bildern und im Video die gleiche Farbe hat.

Selbst gemalte Bilder haben im digitalen Weihnachts-E-Book ebenso ihren Platz wie Videos oder Musik. (Foto: Veranstalter)

Andere Kinder und Erwachsene haben von Zörnweg einen Text bekommen, den sie daheim einsprechen und als Audiodatei aufnehmen konnten. Anschließend wird alles digital versendet, um die einzelnen Teile zusammen zu fügen.

Nur die Videos konnten unter Einhaltung der Hygienemaßnahmen noch als Gruppenstunden in der Pfarrei abgedreht werden, alles andere konnte von zuhause aus produziert werden. Gedreht hat die Videos der Vater von Sybille Burghauser, die sonst immer das Krippenspiel der Pfarrei betreute und auch dieses Jahr tatkräftig bei den Spielszenen der Kinder unterstützte, sagt Michael Wendlinger. Zörnweg bastelt zur Zeit "am Laufenden Band" die verschiedenen Dateien zusammen, jeden Tag das, was so eintrifft. Mittlerweile seien schon 45 Audiodateien zusammen gekommen, erzählt sie.

Das Weihnachts-E-Book soll vom 24. Dezember an für alle Poinger, Plieninger und alle anderen Interessierten über einen QR-Code verfügbar sein: Dieser lässt sich anschließend über das Handy ganz einfach einscannen, anschließend wird E-Book aufgerufen. An den Code gelangt man über Flyer und Postkarten, die in den Poinger Pfarrgemeinden ausliegen werden oder über die Homepages der Pfarrei St. Martin und der Christuskirche.

Mit dem E-Book versuchen alle Beteiligten ein Stück ihrer Weihnachtsfreude zu teilen und genauso, wie über das Krippenspiel, in die Welt zu tragen. "Man kann Lieder singen, Bilder anschauen und zusehen - und hören, wie die Kinder spielen", sagt Michael Wendlinger, der sich wünscht, dass Zuversicht und Hoffnung über das digitale Weihnachtsbuch transportiert werden: Es soll jedem - ob in großer oder kleiner Gesellschaft, ob alt oder jung - am Weihnachtsfest Frohsinn und Glückseligkeit bringen.

© SZ vom 21.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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