Kreislaufwirtschaft in Vaterstetten:Zu schade zum Wegschmeißen

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Brauchbares wurde bisher am Wertstoffhof neben die Container gestellt, auf dass sich Abnehmer finden. Das geht inzwischen nicht mehr. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Am örtlichen Wertstoffhof darf seit einiger Zeit kein Sperrmüll mehr getauscht werden. Die Verschwendung noch brauchbarer Gegenstände will die Gemeinde nun auf andere Art vermeiden

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Eigentlich sollen Wertstoffhöfe ja dem Recycling - also der Kreislaufwirtschaft - dienen. Doch die wohl einfachste Form dieses Kreislaufs ist seit einiger Zeit in der Großgemeinde Vaterstetten nicht mehr möglich. Am dortigen Wertstoffhof ist das Weitergeben und Tauschen von noch brauchbaren Möbeln, Geräten und anderen Gegenständen untersagt worden. Wie man trotzdem verhindern kann, dass immer noch Nützliches im Müll landet, darüber hat nun der Vaterstettener Umweltausschuss beraten.

Grundsätzlich habe man auch am Wertstoffhof nichts gegen eine Vor-Ort-Kreislaufwirtschaft, so Umweltamtsleiter Wolfgang Kuhn. Darum waren Tausch und Abgabe von brauchbaren Gütern über Jahre hinweg zwar nicht ausdrücklich erlaubt, aber eben auch nicht verboten. Allerdings habe sich die wilde Tauschbörse ein wenig verselbständigt, so Kuhn weiter. Zum einen wurden immer mehr Gegenstände statt in die Container davor abgeladen, zudem machten sich "professionelle Wertstoffsammler" auf und vor dem Gelände breit, so dass dort teilweise ein regelrechter "Flohmarktcharakter" geherrscht habe. Der aber zulasten des normalen Betriebs am Wertstoffhof ging, weshalb es zunehmend Beschwerden gab und sich die Zuständigen entschlossen, der Tauscherei einen Riegel vorzuschieben.

Trotzdem sei die Grundidee einer solchen Warentauschbörse keine schlechte, meinte Bürgermeister Georg Reitsberger (FW): "Es wird einiges an guten Sachen entsorgt, das sollte man nicht einfach so wegschmeißen, das wäre schade drum." Hier habe die Gemeinde auch eine Verantwortung, so der Bürgermeister. Die Idee der Verwaltung ist daher, eine eigene Wertstoffbörse aufzubauen, diese sollte aber vom Wertstoffhof getrennt sein, empfahl Bauhofleiter Gerd Jansen. Er verwies auf die Nachbargemeinde Haar, dort seien beide Angebote an einem Platz, "die Erfahrung zeigt, dass es nicht so gut läuft."

Ebenfalls nicht gut gelaufen ist nach Meinung von SPD-Bürgermeisterkandidatin Maria Wirnitzer der Ablauf: Statt zuerst die wilde Tauschbörse zu unterbinden und sich anschließend Gedanken um einen geregelte Nachfolgelösung zu machen, hätte es umgekehrt sein müssen. Dass man schnell eine Lösung finden müsse, forderte auch Renate Will (FDP). Allerdings eine außerhalb des Wertstoffhofes, "dass das dort nicht zu leisten ist, ist klar". Aber es sei "dringend notwendig, dass die guten Dinge nicht weggeschmissen werden". Sie erinnerte an die früher in der Gemeinde abgehaltene Sperrmüllsammlung am Straßenrand, dort habe sich unter anderem die VHS in ihren Anfangsjahren mit Möbeln versorgt. Ähnlich äußerte sich Stefan Ruoff (Grüne) "ich sehe die Probleme am Wertstoffhof und dass man es dort nicht mehr machen kann - aber es wäre toll, eine andere Lösung zu finden". Die Sperrmüllsammlung früherer Jahre habe er ebenfalls noch als "immer sehr praktisch" in Erinnerung.

Trotzdem solle man diese besser nicht wieder einführen, sagte Reitsberger und führte ein Beispiel aus Pliening an. Die Gemeinde habe vor einigen Jahren einen entsprechenden Versuch gestartet, die Sperrmüllsammlung wiederzubeleben. "Es haben dann auch manche von den Sachen etwas mitgenommen - aber es sind auch von auswärts der Gemeinde Leute gekommen und haben etwas dazugestellt."

Vielleicht brauche es für die Tauschbörse gar keine eigene Lokalität, sagte Leonhard Spitzauer, Bürgermeisterkandidat der CSU, möglicherweise reiche mehr Vernetzung zwischen Anbieter und Abnehmer. Spitzauer schlug hierzu eine Art "E-Bay auf Gemeindeebene" vor. So könnte es etwa auf der offiziellen Webseite von Vaterstetten oder über die noch einzurichtende Gemeinde-App eine Funktion geben, mit der man für gut erhaltene Gegenstände neue Besitzer suchen kann. Wenn sich herausstelle, dass es nicht angenommen werde oder nicht ausreiche, könne man immer noch die deutlich aufwendigere Lösung mit dem eigenen Tauschplatz umsetzen.

Laut Kuhn könne die Internetseite oder App "ein einfacher Weg sein", Sepp Mittermeier (SPD) schlug noch eine weitere Lösung vor, bei der die Gemeinde keinen Tauschplatz einrichten muss: Man solle sich doch ein Beispiel an den Poingern nehmen, dort gebe es regelmäßig den Garagen-, Hof- und Gartenflohmarkt. Dabei tragen sich alle, die etwas zu verschenken oder zu verkaufen haben, in eine im Internet veröffentlichte Karte ein. Vielleicht sollte man bei den Nachbarn mal fragen, welche Erfahrungen sie damit gemacht haben und dann entscheiden, ob das Konzept auch für Vaterstetten geeignet ist.

Einig waren sich die Ausschussmitglieder am Ende, dass die Gemeinde auf jeden Fall eine Art der Wertstoffbörse einführen soll. Wie diese dann aussieht, ob es das "Gemeinde-E-Bay" oder ein offizieller Flohmarkt- und Tauschplatz wird, soll die Verwaltung untersuchen und in einer kommenden Sitzung vorstellen - die nächste des Umweltausschusses wäre im Frühjahr.

Zumindest für einen Teil der verwendbaren Wertstoffe könnte eine deutlich schnellere Lösung gefunden werden. Die SPD hatte - ebenfalls wegen des Tausch-Stopps am Wertstoffhof - beantragt, einen offenen Bücherschrank in der Gemeinde aufzustellen. Dort könnte man nicht mehr benötigte Bücher einstellen und sich gleichzeitig mit neuem Lesestoff versorgen. Ein ähnliches Angebot gibt es bereits im offenen Haus der Awo, die SPD schlägt nun vor, am Baldhamer Marktplatz eine weitere Tauschgelegenheit für Bücher herzustellen, etwa in einer ausgedienten Telefonzelle. Ob es dazu kommt, wird voraussichtlich an diesem Donnerstag im Kulturausschuss entschieden.

© SZ vom 24.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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