Konzertkritik:Trommeln auf allem, was Töne macht

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Alex Glöggler (links) und Philipp Jungk spielen im Alten Kino auf Gießkannen und Blechdosen genauso virtuos wie auf ihren Trommeln. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Das Percussion-Duo "Double Drums" musiziert beim Familienkonzert im Alten Kino auch mit Akkuschraubern und Omas Emailletöpfen

Ebersberg - Kochlöffel, die rhythmisch auf Töpfe, Gießkannen oder Eimer treffen - was für ein Lärm, was für ein Spaß! Insofern dürfte die Begeisterung der Kinder im Publikum proportional gestiegen sein zu den bösen Vorahnungen ihrer Eltern. Keine Frage, auch die Erwachsenen hatten sichtlich Freude am Familienkonzert des Percussion-Duos Double Drums am Sonntag im Ebersberger Alten Kino. Die leuchtenden Augen des Nachwuchses jedoch deuteten stark auf frisch geweckte Träume hin, von einer lautstarken Schlagzeugkarriere und dementsprechend ordentlicher Trommelei im heimischen Wohnzimmer.

Dabei kann man entfachte Leidenschaft für Sticks und Drums weder Groß noch Klein verdenken: "Rhythmus im Blut", was bei vielen Musikern wie eine Floskel klingt, trifft bei Alex Glöggler und Philipp Jungk tatsächlich zu. Mehr als eine Stunde lang fesseln die beiden Münchner ihr Publikum, indem sie von einem Schlaginstrument zum anderen wirbeln. Dabei gelingt es ihnen spielerisch, verschiedene Szenen und Stimmungen zu imaginieren: galoppierende Antilopen, eine Jagd in der Savanne oder ein Sonnenuntergang in einer Lagune, dargestellt an einer afrikanischen Djembe. Eine circa 60 Zentimeter große Trommel, die aus einem Holzstück gefertigt und mit Ziegenfell bespannt ist, wie Glöggler erklärt. Eine Art Fundstück, denn auf seinen weltweiten Konzerten ("zwischen Südamerika, China und Ebersberg") ist das Duo immer auf der Suche nach neuen Instrumenten.

Für die Kinder gibt es an diesem Nachmittag nicht nur etwas für die Ohren, sondern auch für den Kopf. Während Jungk gekonnt mit jeweils zwei Schlägeln in jeder Hand an einem Marimbafon, dem großen, hölzernen Bruder des Xylofons, spielt, trägt Glöggler eine Art langes Holzrohr auf die Bühne. Er dreht es in regelmäßigen Abständen und erzeugt so ein gleichmäßiges, prasselndes Geräusch. "An was erinnert euch das?", fragt er ins Publikum. "Regen", ruft ein Mädchen und erhält prompt Zustimmung. Deshalb nenne man dieses Instrument auch Regenmacher, so Glöggler. Dieser hier stamme aus Mexiko und sei ein verholzter Kaktus mit nach innen geschlagenen Stacheln, die nun bei jeder Drehung von einem Ende zum anderen rasseln. Spielerisch entführt das Duo den voll besetzten Saal des Alten Kinos an ferne Orte. Die Bühne in rot-oranges Licht getaucht, dazu chinesische Klangschalen, mehrere Glöckchen und ein großer goldener Wind-Gong bilden die Inszenierung eines Sandsturm in einer fernöstlichen Wüste.

Später sitzt Glöggler auf einer Cajón genannten Holzkiste und trommelt auf die Fläche zwischen seinen Beinen. "Die kostet zwischen 150 und 200 Euro", sagt er, das sei für Kinder doch ein bisschen viel. Doch es brauche gar keine teuren Instrumente, Rhythmen könne man mit allem Möglichen machen. Wie auf Kommando trägt sein Duopartner einen großen Pappkarton auf die Bühne, darauf stellt er einen Benzinkanister, eine Blechdose und alte Emailletöpfe wie aus Omas Sammlung. Der nun folgende Beat animiert das Publikum automatisch zum Mitklatschen, ein anderes Stück hingegen sorgt für reichlich Gelächter im Saal. In diesem werden die beiden Trommler zu Pantomimen: Sie imitieren geräuschlos zwei Schlagzeuger in dem unentwegten Kampf, den anderen an Genialität und Tempo zu überbieten, dazu ertönt vom Band Edvard Griegs "Peer Gynt Suite". So spielen sich die beiden quasi am Luft-Schlagzeug - statt an der berühmten Luftgitarre - gegenseitig an die Wand.

Totale Faszination erzeugen die Münchner beim Musizieren mit Baumarktutensilien wie Ratschenschlüssel, Holzsäge und Akkubohrer, bevor sie beim Hochgeschwindigkeitstrommeln auf einer Aluleiter noch einmal ihr ganzes Können aufbieten. Das perfekte, auf jeden Schlag abgestimmte Zusammenspiel, reißt die Zuhörer zu Jubelrufen hin. Nur als Glöggler die Jugend dann direkt zum Trommeln in der Küche ermutigt, ist zwischen dem Lachen vereinzelt ein "Nein, nein!" von Elternseite zu hören. Jonas Wengert

© SZ vom 09.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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