Konzert-Kritik:Innere Verwobenheit

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Zunehmend mehr Jazz scheint die "Unterbiberger Hofmusik" in ihr grenzüberschreitendes Programm einzubauen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Bayerisch, türkisch, jazzig: "Unterbiberger Hofmusik" begeistert in Vaterstetten

Von Claus Regnault, Vaterstetten

Geboren ist Franz Himpsl im sicher idyllischen Schöfweg, einem Teil der Gemeinde Mutzenwinkel am Brotjackelriegel, umgeben von den Wäldern der Oberpfalz und des Bayerischen Waldes, benachbart der nahe gelegenen Türkei. Kein Wunder also, dass das Programm seiner Unterbiberger Hofmusik neben Blasmusik mit niederbayerischen Texten auch türkische Volksmusik in einer ähnlich schwer verständlichen Sprache enthält. Diese Band, die nun beim letzten Vaterstettener Rathauskonzert der Saison - im Exil am Reitsberger Hof - zu hören war, ist also ein Unikum der bayerischen Völkerverständigung, sie zelebriert ein Art "Integration andersherum"!

Mitgebracht hatte Franz Himpsl - wie immer - seine drei Söhne Xaver, Ludwig und Franz sowie seine Ehefrau Irene. Ergänzt wurde das Ensemble diesmal durch einen kurdischen Gast namens Bekir Cetilnkaya und Michael Götz, einen Jazzposaunisten von Klasse. Was diese Musiker auf der Bühne bieten, ist eine brillante Mischung aus lautstarker Blasmusik und mehrsprachigem Gsang'l, stark rhythmisch betont dank des türkischen Anteils. Das Publikum in der akustisch nach wie vor überzeugenden Reitsberger-Halle reagierte stürmisch bis enthusiastisch, ließ sich vor allem bei den türkischen Nummern sogar zum Mitklatschen animieren, wobei der einheimische Teil des Publikums sich langsam aus dem vertrackten 11/4-Rhythmus zurückzog und das Feld den rhythmisch sicheren türkisch-armenischen Zuhörern überließ.

Die Unterbiberger Hofmusik bot also auch diesmal durchweg instrumental wie rhythmisch Hervorragendes. Hervorzuheben sind dabei die Trompeten des Chefs, Franz Himpsl, und die Dizzy-Gillespie-nahe improvisationsstarke Trompete von Michael Götz mit seiner strahlenden Höhenkunst, aber vor allem die entscheidende Jazzstimme dieses Götz, der dem samtenen Ton seiner Posaune erstaunlich schlüssige Improvisationen entlockte. Jazzreif auch das virtuose Schlagzeug des Sohnes Wiggerl Himpsl. Letzterer entzückte außerdem durch ein lyrisches Solo auf dem Alphorn, so berührend geblasen, wie es sonst eigentlich nie von einem Alphornbläser zu hören ist.

Natürlich hatten auch die sonstigen Mitglieder der Band ihren Anteil am Gelingen, Irene Himpsl am Akkordeon, aber auch als Arrangeurin wesentliches Mitglied der Gruppe, und der Youngster Franz junior, noch immer zierlich und mit engelgleichem Goldhaar, das Horn blasend. Schließlich der Tubist Florian Mayrhofer, der das Klangfundament der Gruppe ohne Noten, aber mit untrüglichem Gespür für den melodischen Ablauf begleitete.

Wer die Unterbiberger Hofmusik schon öfter erleben durfte, dem schien diesmal der Anteil des Jazz spürbar gewachsen: Er zog sich wie ein roter Faden durch den Gesamtklang der Band, diesen deutlich um swingende Qualität bereichernd. Überhaupt ist das Bemerkenswerte dieser Gruppe die zunehmende innere Verwobenheit der verschiedenen Musikstile, bayerisch, türkisch und jazzig. Und da machte auch das kurdische Mitglied der Gruppe Bekir Cetilnkaya von sich Hören, gesanglich wie auf der Saz, einem wunderschönen mandolinenartigen Volksinstrument, welches Franz Himpsl natürlich ebenfalls beherrscht.

Alles in allem: Ein reicher Abend, eine musikalische Erfahrung der eigenen Art.

© SZ vom 12.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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