Konzert in Grafing:Moderne Kammermusik

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Der Bassist Martin Zenker überzeugt bei "Jazz im Turm" in Grafing nicht nur am Instrument, sondern auch mit seinen Kompositionen. (Foto: Christian Endt)

Martin Zenker und Quartett mit eigenen Songs bei "Jazz im Turm"

Von Claus Regnault, Grafing

Der Abend gehörte ihm, dem aus Kirchseeon stammenden Bassisten Martin Zenker. Und es wurde einer jener besonders geglückten Abende, die man nicht vergessen wird.

Zenker hatte sein neues Quartett mitgebracht, bestehend aus Tim Collins (Vibraphon), Moritz Stahl (Saxofon) und Xu Zhitong (Schlagzeug) sowie ein Bandbook mit eigenen Kompositionen. Letztere waren von hoher Qualität, sowohl hinsichtlich der griffigen Themen als auch ihrer Instrumentierung. Um es vorwegzunehmen: Es war ein Quartett, welches schon bei seinem ersten Auftritt beim Grafinger "Jazz im Turm" durch seine kammermusikalische Qualität gefangen nahm. Man kann nur hoffen, dass diese Vier auf Dauer zusammenbleiben!

Was Zenker kompositorisch zustande gebracht hat, ist aller Bewunderung wert, weil von einer eigenpersönlichen Qualität. Es ist Kammermusik, deren moderne Sprache ohne Anleihen an gängige Muster und Stile auskommt, auch wenn im Hintergrund noch die Erfahrung des Neo-Hardbop durchscheint. Und erstaunlich auch, wie Zenkers Mitmusiker diese dicht gearbeitete Partitur Klang werden ließen.

Es beginnt mit der musikalischen Darstellung der ziemlich chaotischen Wohnung seines Pianistenfreundes Kirby, "Kirbys Flat", gefolgt von einer Ballade "Southbridge" und mündend im Titel "Thank you all", einer ziemlich chaotisch-satirischen Abrechnung mit Deutschland. Und dann der Weg nach innen, inspiriert von einem chinesischen Gedicht, eine Doppelkomposition, deren zweiter Teil "There I am", markiert durch ein intensiv-langes Bass-Solo, in Selbstfindung ausklingt.

Die Aufführung durch das Quartett hatte vor allem in Collins' Soloarbeit, aber auch in Stahls Saxofon überzeugende Intensität, verstärkt durch den rhythmisch und klanglich ungemein versatilen Zhitong am Schlagzeug.

Bei der folgenden Jamsession gab Zenker die Führung des Abends nicht aus seiner (rechten) Hand. So gestützt traten nach und nach die lokalen Jazzgrößen auf, darunter der fabelhafte Trompeter Matthias Engl, teilweise im Duett mit dem erstaunlich an Beredsamkeit gewachsenen Pienzenauer Trompeter Joseph Schmölz, der wie immer großartige Martin Wessalowski an der E-Gitarre und der zweite Star des Abends, Till Martin am Tenorsax: Angesichts seiner enormen Präsenz hatte er zuletzt alle, außer Zenker und Zhitong, weggeblasen.

Ein großartiger Abend, der den Zuhörer nachdenklich darüber werden ließ, welch' große Jazzer in unserer Provinz inzwischen gewachsen sind! Martin Wessalowski und Till Martin zum Beispiel (von dem leider an diesem Abend abwesenden Pianisten Claus Raible ganz zu schweigen) könnte man getrost in die Welt schicken, in der sich Martin Zenker schon überaus erfolgreich bewegt. Denn diese drei Musiker haben weitaus mehr gemeinsam als nur einen Namen.

© SZ vom 30.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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