Konzert am Freitag:Rebell Ribot

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Der US-amerikanische Stargitarrist Marc Ribot präsentiert mit seinem Trio "Ceramic Dog" ein neues Album. Das Konzert im Alten Kino Ebersberg wird live gestreamt. (Foto: Veranstalter/oh)

Der amerikanische Jazz-Gitarrist und seine Band "Ceramic Dog" spielen in Ebersberg ihre "Songs of Resistance", die sich auch gegen den US-Präsidenten richten

Von Ulrich Pfaffenberger, Ebersberg

"Eine halbe Stunde hat es gedauert zwischen dem ersten Anruf und der Zusage. Das ging unglaublich schnell." Jeremy Teigan ist noch immer verblüfft, wie einfach es letztlich war, Marc Ribot nach Ebersberg zu holen. Der Mann ist schließlich nicht irgendwer, sondern einer der tonangebenden Jazzgitarristen unserer Zeit. Auch wem der Name auf Anhieb nichts sagt, der Klang dürfte vertraut sein, gilt Ribot doch als Urheber der markanten Saitenklänge, auf denen sich die Reibeisenstimme von Tom Waits austobt. Auf fast jedem seiner Alben war er mit dabei.

Auch Elvis Costello und Norah Jones hat der 64-jährige US-Amerikaner schon zur Seite gestanden. Oder Robert Plant und Alison Krauss bei ihrer denkwürdigen Duett-Version des Led-Zeppelin-Hits "Black Dog". Ribots Solo gilt gar als das Element, das den ganzen Auftritt überhaupt erst hörens- und sehenswert macht. Auch wenn das online verfügbare Video nicht das beste ist, vermag es die Nachgeborenen von der Richtigkeit dieses Urteils überzeugen.

Jeremy Teigan, selbst Gitarrist und seit Kurzem damit befasst, ungewöhnliche Musiker ins Alte Kino zu locken, sieht dem Auftritt Ribots mit seinen Trio Ceramic Dog mit einer Mischung aus Glücksgefühlen und Respekt entgegen. Glück, weil sich Ebersberg in der aktuellen Europatournee "wirklich gut macht neben Köln, Amsterdam, Prag, Moskau, Lyon oder Zürich". Am Tag vor seinem Auftritt in der Kreisstadt steht die Band in der Hamburger Elbphilharmonie auf der Bühne: "Das ist schon eine Kategorie, aus der wir herausragen."

Ganz von ungefähr dürfte der Abstecher nach Ebersberg indes nicht kommen. Als Spielort für Jazz und anspruchsvolle Avantgarde hat sich die Stadt in der Szene inzwischen einen Namen gemacht. Nicht zuletzt die Tatsache, dass beim jüngsten Jazz-Festival ein Ron Carter hier live aufgetreten ist, hat die Spielstätte nach außen hin geadelt. Womit wir beim Respekt wären, den Teigan empfindet: "Für mich kommt Marc Ribot gleich nach Carter. Die sind beide Weltspitze."

In der Biografie des amerikanischen Musikers fallen drei Dinge auf. Nummer eins: Er hat immer wieder mit den ganz Großen gespielt, sich als einer von denen erwiesen, die man sich ins Studio oder auf die Bühne holen muss, wenn der Klang markant sein soll. Was dazu führt, "dass mehr Leute seinen Sound kennen als ihn selbst", wie Teigan anmerkt. Gleichzeitig, Nummer zwei, hat Ribot aber stets auch sein eigenes Ding gemacht. Nicht einfach, sondern vielfach. Die Punk-Funk-Jazz-Rock-Formation Ceramic Dog ist nur eines von mehreren Projekten, die der Gitarrist parallel betreibt. Da gibt es die Young Philadelphians, mit denen er den Phillysound neu belebt, eine sehr prägnante Soul-Epoche aus den 1970er Jahren. Mit den Los Cubanos wiederum bringt Ribot karibische und lateinamerikanische Elemente zum Klingen. Daneben findet sich sein Trio mit dem Bassisten Henry Grimes und dem Drummer Chad Taylor mit einem spannungsgeladenen Avantgarde-Jazz, der immer wieder auf Bestenlisten der einschlägigen Medien landet, der Unvergleichbarkeit seines Gitarrenspiels wegen.

Und schließlich gibt es da den Rebell Ribot, drittens, der seinen Zorn über Korruption, Gewaltherrschaft und Unterdrückung im Allgemeinen, gegen den derzeitigen amerikanischen Präsidenten im Besonderen mit einer Inbrunst in die Welt hinausschreit, die ihn einreiht in die große Tradition der kritischen Geister in den USA, die mit Henry Thoreau beginnt, dem Schöpfer des zivilen Ungehorsams. "Ribots Songs of Resistance haben es in sich," weiß Teigan, "das ist mehr als Protest, das ist Widerstand aus vollem Herzen." Wie ihn wohl nur einer zustande bringt, der als Linkshänder eine Rechtshänder-Gitarre spielt. Bei dessen Improvisationen man nicht einmal ansatzweise ahnt, wie's kommt. Dessen jüngstes Album "YRU Still Here" (gesprochen: Why are you still here?) mit Drummer Ches Smith und Bassist Shahzad Ismaily die Kritik als "Klassiker der Zukunft" bezeichnet und ihm "Klangfieber" attestiert. Wer gegen derlei nicht immun ist, könnte sich am Freitag anstecken lassen. Oder, wie Teigan ankündigt: "Langweilig wird's nicht."

Marc Ribots "Ceramic Dog", Konzert " YRU Still Here?", am Freitag, 7. Dezember, um 20.30 Uhr im Alten Kino.

© SZ vom 06.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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