Kommunalpolitik:So viel Wechsel war nie: Das Wahljahr in Ebersberg

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Er durfte seinen Job behalten: Landrat Robert Niedergesäß (CSU). (Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

Bei den Kommunalwahlen im März wurden die Chefsessel in elf Rathäusern neu besetzt. Dabei stieg der Anteil der Bürgermeisterinnen deutlich.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Jünger und weiblicher werden, kaum eine Partei oder Personalabteilung kommt noch ohne diesen Slogan aus. Bei den Kommunalwahlen wird das Motto Realität: In elf von 20 Gemeinden - in Baiern fand die Bürgermeisterwahl 2018 statt - sind die neuen Amtschefs jünger als ihre Vorgänger, zudem gibt es nun vier Bürgermeisterinnen, so viele wie nie zuvor im Landkreis. Allerdings verliert die zuvor einzige Bürgermeisterin, Angelika Obermayr (Grüne) aus Grafing, gegen ihren Herausforderer, Stadtkämmerer Christian Bauer (CSU). Etwas mehr Frauen gibt es auch im Kreistag sowie den Stadt- und Gemeinderäten: Gut 30 Prozent der Sitze gehen an Frauen, das sind rund vier Punkte mehr als 2014.

Natürlich macht sich auch die beginnende Corona-Pandemie bemerkbar, der erste Wahlgang findet unter erhöhten Sicherheitsmaßnahmen statt, die Briefwahl wird empfohlen. Bei der Stichwahl gibt es dann nur noch Abstimmen per Post, vermutlich deshalb ist die Wahlbeteiligung hier deutlich höher als in der Vergangenheit.

So sehen Sieger aus: Landrat Robert Niedergesäß und die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister:

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(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Kathrin Alte (Anzing)

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(Foto: Christian Endt)

Hans Fent (Aßling)

Josef Schwäbl (Bruck)

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(Foto: Christian Endt)

Ulrich Proske (Ebersberg)

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(Foto: Christian Endt)

Inge Heiler (Egmating)

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(Foto: Christian Endt)

Claudia Streu-Schütze (Emmering)

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(Foto: Christian Endt)

Rupert Ostermair (Forstinning)

Eduard Koch (Frauenneuharting)

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(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Josef Oswald (Glonn)

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(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Christian Bauer (Grafing)

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(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Ludwig Maurer (Hohenlinden)

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(Foto: Christian Endt)

Jan Paeplow (Kirchseeon)

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(Foto: Christian Endt)

Michael Stolze (Markt Schwaben)

Michael Eisenschmid (Moosach)

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(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Andreas Lutz (Oberpframmern)

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(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Roland Frick (Pliening)

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(Foto: Christian Endt)

Thomas Stark (Poing)

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(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Martina Lietsch (Steinhöring)

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(Foto: Christian Endt)

Leonhard Spitzauer (Vaterstetten)

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(Foto: Christian Endt)

Piet Mayr (Zorneding)

Vielleicht ist das auch der Grund, dass es mehr Parteien und Gruppierungen in die Gremien geschafft haben. Im Kreistag gibt es neun - CSU, SPD, Grüne, Freie Wähler, FDP, ÖDP, Bayernpartei, Linke und AfD. Das sind zwar genausoviele wie am Ende der vergangenen Wahlperiode, diesmal hat die Linke aber über den Wahlzettel und nicht über einen Parteiwechsel den Einzug geschafft. Neu sind die Linken auch im Zornedinger Gemeinderat und im Grafinger Stadtrat. Dort ziehen außerdem Bayernpartei und FDP ein. Letztere ist nun auch in den Gemeinderäten in Markt Schwaben, Kirchseeon und Glonn vertreten. In Bruck sitzt künftig die Liste "Offene Politik" mit am Tisch, Grüne und SPD schaffen es diesmal in den Hohenlindener Gemeinderat, und in Moosach wird die fusionierte Liste UWG/AMB zweitstärkste Fraktion. In der Kreisstadt gibt es neu die Fraktion "Pro Ebersberg", in Steinhöring die Freie Liste.

Neben den Kleinen sind die Grünen die großen Gewinner. Im Kreistag verbessern sie sich von zehn auf 15 Mandate, auch in den Stadt- und Gemeinderäten legen sie teils deutlich zu. Was allerdings meist zulasten desselben politischen Lagers geht: Die SPD verliert etwa im Kreistag genau die fünf Sitze, welche die Ökopartei dazugewinnt, ganz ähnlich sieht es in den meisten kommunalen Parlamenten aus. Zweiter Verlierer, wenn auch nicht in dem Ausmaß und auf immer noch hohem Niveau, ist die CSU: Im Kreistag verliert sie einen Sitz, auch in den meisten Stadt- und Gemeinderäten gibt es leichte Verluste.

Bei der Zahl der Spitzenämter können die Christsozialen dagegen leicht zulegen: Die CSU gewinnt zwölf Rathäuser, im Vergleich zu elf bei der Wahl 2014, und Robert Niedergesäß verteidigt das Landratsamt souverän mit 61,2 Prozent gegen Waltraud Gruber von den Grünen, Omid Atai von der SPD, Robert Böhnlein (Bayernpartei) und Vincent Kalnin (Linke). Den für die Partei sicher wichtigsten Wahlsieg erringt die CSU in Grafing, lange Zeit Hochburg der Schwarzen, bevor ihr Bürgermeister Rudolf Heiler 2008 zu den Freien Wählern wechselte und sechs Jahre danach die Grüne Angelika Obermayr zu seiner Nachfolgerin gewählt wurde. Dass der Kreisvorsitzende und Landtagsabgeordnete Thomas Huber ein Grafinger ist, dürfte das Engagement der Christsozialen hier weiter angeheizt haben - zu sehr angeheizt, wie manche kritisieren. Sicher ist, die CSU führt in Grafing einen sehr scharfen und zugespitzten Wahlkampf oft hart an der Grenze zur Schlammschlacht. Mit 54 Prozent gewinnt am Ende CSU-Kandidat Christian Bauer in der Stichwahl.

Anders sieht es dagegen in der Nachbarstadt aus: Der parteilose und von der SPD nominierte Feuerwehrkommandant und Wassermeister Ulrich Proske schrammt im ersten Wahlgang nur um 3,3 Prozentpunkte an der absoluten Mehrheit vorbei. Zwei Wochen später stimmen 61,2 Prozent der Ebersberger für Proske. Der beliebte CSU-Bürgermeister Walter Brilmayer hatte aus Altersgründen nicht erneut kandidieren dürfen, sein junger Parteifreund Alexander Gressierer überzeugte zu wenige Wähler. Auch in Markt Schwaben bleiben die Christsozialen sieglos, die Stichwahl gewinnt Michael Stolze, ebenfalls parteilos und von der SPD nominiert, hier zusammen mit den Freien Wählern. CSU-Bewerber Frank Eichner kommt nur auf 32,7 Prozent der Stimmen. Was vielleicht auch daran liegt, dass die Markt Schwabener schon zuvor zwei Mal SPD-Bürgermeister ins Amt gebracht hatten, zuletzt Georg Hohmann, der wegen der Altersgrenze aber nicht mehr kandidieren durfte.

Dies hätte Poings langjähriger Gemeindechef Albert Hingerl zwar noch einmal tun können, er entschied sich allerdings dagegen. Damit endete in Poing nicht nur die Ära Hingerl sondern auch die der SPD-Bürgermeister. In der Stichwahl gewinnt der parteilose, von der CSU nominierte Thomas Stark mit 60,2 Prozent gegen den SPD-Bewerber Reinhard Tonollo. Ziemlich deutlich schneidet auch der Christsoziale Jan Paeplow in Kirchseeon ab, 58,5 Prozent der Stimmen gibt es in der Stichwahl gegen Klaus Seidinger von der Unabhängigen Wählergemeinschaft. Noch einen halben Prozentpunkt besser schneidet Michael Eisenschmid in Moosach ab, der Mitbewerber des CSU-Kandidaten, Norbert Probul, der für die Alternative Moosacher Bürgergemeinschaft (AMB) und die Unparteiische Wählergemeinschaft (UWG) antrat, kommt nur auf 41 Prozent. Mit fast dem gleichen Verhältnis verliert die CSU dagegen in Egmating, Amtsinhaber Ernst Eberherr kommt gegen seine Herausforderin Inge Heiler nur auf 41,9 Prozent.

Die spannendste Stichwahl gibt es in Vaterstetten, sogar der Wahlsieger, der Christsoziale Leonhard Spitzauer, spricht am Ende von einem "Fotofinish". Mit 50,66 Prozent oder 168 Stimmen Vorsprung gewinnt er gegen Maria Wirnitzer von der SPD, sie wird später vom Gemeinderat zu seiner Stellvertreterin gewählt. Besonders an der Wahl in der größten Landkreiskommune ist auch, dass zunächst gar nicht klar war, ob die beiden überhaupt kandidieren würden. Der CSU-Vorstand hatte anfangs den parteilosen Robert Winkler favorisiert, SPD und Grüne hätten ihn ebenfalls unterstützt. Nachdem sich Spitzauer in einer internen Abstimmung durchgesetzt hatte, mussten auch die anderen Parteien neue Kandidaten finden.

Bereits im ersten Wahlgang erfolgreich sind Kathrin Alte (CSU) in Anzing, sie folgt dem aus Altersgründen nicht mehr angetretenen Franz Finauer (FW) nach, Claudia Streu-Schütze (FWG), die in Emmering die Geschäfte von Max Maier übernimmt, der ebenfalls nicht mehr angetreten war, und Martina Lietsch (Freie Liste) in Steinhöring. Auch Amtsinhaber Alois Hofstetter (CSU) ist hier nicht mehr angetreten.

Ihr Amt im ersten Wahlgang verteidigen Josef Schwäbl (CSU) in Bruck, Ludwig Maurer (ÜWH) in Hohenlinden und Zornedings Rathauschef Piet Mayr (CSU). Auch Hans Fent (parteilos) aus Aßling, Rupert Ostermair (CSU) aus Forstinning, Eduard Koch (parteilos) aus Frauenneuharting, Josef Oswald aus Glonn und Andreas Lutz (beide CSU) aus Oberpframmern bleiben Bürgermeister, bei der Wahl gibt es keine Gegenkandidaten. Gar keine Wahl, zumindest zum Bürgermeister, gibt es in Baiern, da Martin Riedl erst 2018 außer der Reihe gewählt wurde und bis 2026 verlängern kann. Gegen zwei Gegenkandidaten kann sich auch Roland Frick (CSU) in Pliening behaupten. Spannend wird es hier erst nach der Kommunalwahl, als die CSU-Fraktion bei der Wahl zum Dritten Bürgermeister in der konstituierenden Sitzung geschlossen für eine Kandidatin der Initiative für Pliening stimmt, die von der Wählergruppe gar nicht nominiert worden war. Die Wählergruppe verliert durch den Austritt der Kandidatin in der Folge einen Sitz im Gemeinderat.

© SZ vom 28.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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