Kommentar:Verloren und doch gewonnen

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Vaterstettens SPD kann ihre Forderung nach Gewerbe in der Kerngemeinde zwar vorerst nicht durchsetzen - zu traurig müssen die Genossen darüber aber nicht sein

Von Wieland Bögel

Not kennt kein Gebot, den Spruch kann man auch auf die Wohnungsnot anwenden. 128 günstige Wohnungen in einer teuren Gemeinde wie Vaterstetten sind es wert, einen vorangegangenen Beschluss über den Haufen zu werfen. Der Auffassung waren auch die allermeisten Mitglieder im Vaterstettener Bauausschuss. Sie stimmten für die Streichung eines geplanten Gewerbegebietes zugunsten bezahlbarer Wohnungen - was einigen sicher leichter gefallen sein dürfte als anderen.

Schwer getan haben sich die Vaterstettener Genossen, sie mussten sich zwischen zwei ihrer Kernforderungen entscheiden: Mehr bezahlbarer Wohnraum oder die Ansiedlung kleinteiligen Gewerbes in der Kerngemeinde. Ersteres ist seit Jahren sozialdemokratisches ceterum censeo in Vaterstetten - und wurde lange Zeit stets von der CSU-Mehrheit im Gemeinderat abgeschmettert. Seit einiger Zeit wird aber auch den Christsozialen die Entwicklung der Wohnpreise offenbar etwas unheimlich: sie stimmten sowohl für die Einführung der sozial gerechten Bodennutzung, womit Teile der Gewinne aus Bauvorhaben abgeschöpft und für Sozialwohnungen oder auch Kindertagesstätten verwendet werden können, als auch für Sozialwohnungen im Baugebiet "Nord und Nordwest". Dort sollen nun bis zu 40 reine Sozialwohnungen und noch einmal knapp 90 Wohnungen entstehen, die unter Marktpreis vermietet werden - auch hier mit uneingeschränkter Zustimmung der Christsozialen. Die Entscheidung erleichtert haben dürfte, dass diese nie so richtig von einer Gewerbeansiedlung im Norden Vaterstettens überzeugt waren - wie sich auch nun wieder zeigte: Auch den von der SPD favorisierten Ausweichstandort für das Gewerbegebiet sähe man bei der CSU lieber mit Wohnungen bebaut.

Dass es so kommt, ist angesichts der Mehrheitsverhältnisse wahrscheinlicher, als dass man bald einen brauchbaren Gewerbestandort in der Kerngemeinde findet. Was man durchaus kritisieren kann - und die SPD sicher noch tun wird. Trotzdem sollten die Genossen nicht zu enttäuscht sein: Immerhin scheint im Vaterstettener Gemeinderat der soziale Wohnungsbau nach fast zwei Jahrzehnten wieder mehrheitsfähig zu sein und das ist eine gute Nachricht.

© SZ vom 24.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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