Kommentar:Top neben Flop

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Die Idee, Wohnmobil-Parkplätze an der Ostumfahrung einzurichten, ist charmant. Sie täuscht aber nicht über den verkehrspolitischen Unfug der Sportstättenanbindung hinweg

Von Thorsten Rienth

Der Vorschlag des Grafinger Stadtrats Christian Einhellig (Freie Wähler) ist charmant: Wenn Grafing doch ohnehin gerade an der Ostumfahrung neue Parkplätze plane, dann könne man doch gleich eine Handvoll Wohnmobilstellplätze einrichten. Bevor Anhänger dieser Reisefortbewegungsmethode unkontrolliert wild parkten, dann doch lieber an geeigneter Stelle mit entsprechender Infrastruktur. Die Investition wäre überschaubar. Den Gastronomen bringt das ein paar Gäste mehr. Dem Freibad ein paar Besucher. Den Einzelhändlern vielleicht jemanden, der beim Marktplatzbummel eine schicke Strickjacke kauft. Warum also nicht?

Die diskussionswürdige Idee darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass gleich daneben der größte Unfug aus zahlreichen Jahren Grafinger Verkehrspolitik entsteht: Er heißt Sportstättenanbindung. Die CSU hatte einst die zusätzliche Achse ins Spiel gebracht, um die vermeintlich überstrapazierte Zufahrt zum Eisstadion sowie zum Freibad über die Kapellenstraße und dann entlang der Mittelschule zu entlasten. Dass die Verkehrsplaner das Vorhaben als gänzlich überflüssig ablehnten, scherte die Christsozialen genauso wenig wie die Tatsache, dass Grafing die veranschlagten 600 000 Euro Gesamtkosten der Anbindung selbst zu zahlen hätte. Per Handstreich und dank freistaatlicher Unterstützung im kleingedruckten Teil des Vertragswerks bekamen sie das Projekt durch den Stadtrat. Übrigens ausgerechnet mit der damals entscheidenden Bürgermeisterinnen-Stimme von Angelika Obermayr (Grüne) - weil die Stadtverwaltung schon so viel Arbeit in das Projekt gesteckt hätte, so ihre Begründung für ihre Zustimmung.

Wenn CSU-Fraktionschef Max Graf von Rechberg also das nächste Mal im Stadtrat zu seinem Sparappell ansetzt, sollten er und die Bürgermeisterin dazu sagen: Wir haben lieber 600 000 Euro in die Sportstättenanbindung gesteckt. Ein paar Meter Teer, von dem die eigenen Gutachter abrieten und der, wie es SPD-Stadtrat Ernst Böhm unlängst zugespitzt formulierte, 60 Stunden im Jahr gebraucht würde. Kurzsichtiger lässt sich kommunale Verkehrspolitik kaum betreiben.

© SZ vom 01.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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