Kommentar:Solidarität? Weit gefehlt!

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Der Ärger um einen beschränkten Zugang zum Poinger Zoo zeigt, dass selbt zu Zeiten der Pandemie oftmals Egoismus herrscht

Von Johanna Feckl

Von Solidarität wird dieser Tage viel gesprochen - Corona-bedingt. Solidarität mit Bühnen- und Clubbetreibern, mit Kunstschaffenden, sogar mit Sexarbeiterinnen - und halt generell mit all den Unternehmern und Selbstständigen, die wegen der Pandemie vor dem finanziellen Ruin stehen. Das Mitgefühl aber endet bei vielen Menschen genau dann, wenn sie dafür selbst zurückstecken müssten. Dann heißt es ganz schnell: Bye-bye, Solidarität!

So ist es auch im Falle einiger Besitzer von Jahreskarten für den Wildpark Poing, die zeitweise nur von Montag bis Freitag gültig waren. Ja, es ist ärgerlich, wenn man sich Tickets für alle Familienmitglieder angeschafft hat, um damit an den Wochenenden, wenn weder Schule noch Arbeit rufen, den Wildpark zu besuchen - und dieser Zweck dann völlig verpufft. Aber: Wir sprechen hier von einem Ticket, das für Erwachsene 55 Euro und für Kinder 35 Euro kostet. So tragisch ist der monetäre Verlust also wirklich nicht, zumindest nicht für diejenigen, die sich diese Preise ohnehin leisten konnten.

Hinzukommt: Der Wildpark hat diese Limitierung nicht eingeführt, um seine Gäste abzuzocken, sondern weil er verpflichtet ist, die Besucherzahlen zu beschränken. Was hätte der Wildpark also stattdessen tun sollen? Alle Jahreskarten entsprechend ihrer Restlaufzeit erstatten? Hätte er tun können, ja. Aber die Betroffenen könnten sich auch einfach solidarisch zeigen und auf einen niedrigen zweistelligen oder sogar nur einstelligen Betrag verzichten, damit die ohnehin herben Verluste, die der Wildpark wegen der Pandemie hinnehmen hat müssen und noch immer muss, nicht noch mehr werden.

Gut, mögen nun einige entgegnen, man hätte es doch so machen können wie der Tierpark Hellabrunn. Dort wurde ein Kontingent an Null-Euro-Tickets für Dauerkartenbesitzer geschaffen, und zwar für jeden Tag. Aber der Schein trügt, denn auch hier gibt es Haken: Zum Teil waren die Null-Euro-Kartenlange im Voraus ausgebucht. Außerdem wurden die bestellten Gratistickets oft gar nicht eingelöst, wie der Tierparkdirektor Rasem Baban gegenüber der SZ sagte, an manchen Tagen seien das bis zu 40 Prozent gewesen. Was also soll an diesem System besser sein als an dem vom Poinger Wildpark? Beide haben ihre Mängel - so wie es jedes andere auch hätte.

Es ist doch nun einmal so: Corona hat vieles verändert. Konzepte, die vorher super funktioniert haben, wie zum Beispiel Dauerkarten für den Zoo, funktionieren jetzt plötzlich nicht mehr super. Daran hat niemand Schuld. Nun gilt es, das Beste daraus zu machen. Und das Beste wäre, wenn sich auch die Motzer solidarisch zeigen würden - und endlich aufhörten zu motzen!

© SZ vom 10.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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