Kommentar:Öffentlich Gehör verschaffen

Lesezeit: 1 min

Zornedings Bauern haben an einem denkwürdigen Abend tiefe Einblicke in die Probleme ihrer Branche gegeben. Man fragte sich: Warum nicht schon viel früher?

Von Korbinian Eisenberger

Am Montagabend hat in Zorneding ein denkwürdiges Treffen stattgefunden. Das Setting war zwar eher gewöhnlich: In einer Wirtsstube saßen 15 Landwirte beisammen und unterhielten sich, mal leiser, mal lauter. Denkwürdig wurde es deswegen, weil die Männer an den Tischen etwas vollbrachten, was sie vielleicht schon längst hätten tun sollen: Sie berichteten auf einer öffentlichen Veranstaltung frei und ungeniert, mit welchen Problemen sie derzeit zu kämpfen haben - und was auf sie zukommt, wenn in Kürze das Volksbegehren zum Erhalt der Artenvielfalt in ein Gesetz gegossen wird. Und man fragte sich: Warum nicht schon viel früher?

Klar, man kann inhaltlich über nahezu jedes Detail diskutieren, welches das neue Gesetz mit sich bringen wird: Sind fünf ungeodelte Meter Abstand vom Acker zu einem Bach nicht ein bisserl viel? Hat das Walzverbot für Bauern nach dem 15. März tatsächlich einen Mehrwert, wenn dann im notwendigen Fall ohnehin Ausnahmegenehmigungen erteilt werden? Oder handelt es sich eher um eine bürokratische Schikane? Und: Sollte die Gesetzesänderung nicht auch die Verbraucher und die Besitzer von landwirtschaftlich ungenutzten Flächen, zur Verantwortung ziehen? Also Gartenbesitzer und Discounter-Besucher? Alles Fragen, über die sich sicherlich mit vielen guten Argumenten diskutieren ließe.

Das Problem der Bauern: Zum Wesenskern des Diskurses gehört es, dass man sich ihm stellt. Viel zu selten haben sich betroffene Landwirte zuletzt so konkret und prägnant geöffnet wie am Montagabend in Zorneding. Eines wurde dabei deutlich: Die Landwirte stehen unter Druck. Im Großraum München fangen die verbliebenen Bauern die Einbußen durch den Betrieb von Pensionen oder Vermietungen auf. Weiter südlich in Richtung Mühldorf stehen solche Alternativen nicht bereit. Man kann Bayerns Bauern deswegen nur ermutigen, die eigenen Anliegen in die Öffentlichkeit zu tragen. Da sollten es die Bauern wie die Verfechter des Klimaschutzes halten: Wer keine finanzkräftige Lobby im Kreuz hat, der muss sich selbst Gehör verschaffen.

© SZ vom 10.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: