Kommentar:Kein Platz für soziale Projekte

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Ohne Einrichtungen wie die Wohngemeinschaft von Condrobs würden viele Menschen niemals in ein autonomes und gesundes Leben zurückfinden. Daran sollte auch die Politik stärker denken

Von Johanna Feckl

Man wäre durchaus bereit, das Projekt auszuweiten und eine zweite Therapeutische Wohngemeinschaft (TWG) für ehemalige Suchtkranke in den Landkreis zu bringen. Das sagt Condrobs, Träger der bestehenden TWG in Eglharting, der einzigen dieser Art im Landkreis. Der Bedarf für einen solchen Ausbau ist absolut vorhanden, wenn nicht sogar dringend notwendig: 35 Bewerbungen für einen Platz gab es im Jahr 2019, im Jahr davor waren es sogar 49 - bei zwölf Plätzen im Haus, von denen ungefähr zwei pro Jahr frei werden, wenn man großzügig rechnet.

Aber: Hiesiger Wohnraum ist teuer. Laut der Onlinedatenbank Statista war München im dritten Quartal vergangenen Jahres mit einem Quadratmeterpreis von 17,50 Euro die teuerste Stadt in Deutschland - und zwar mit weitem Abstand. Die Mietpreise in München zwingen die Menschen ins Umland, die Nachfrage nach Mietraum steigt und zwar bei mehr oder weniger gleichbleibendem Angebot. Damit schnellen auch dort die Mietpreise in die Höhe. In Ebersberg etwa liegt laut Zeit Online der durchschnittliche Quadratmeterpreis gerade einmal fünf Cent unter dem von Hamburg.

Was passiert, wenn ein etabliertes soziales Projekt hier seine Räume verliert, lässt sich an der Ebersberger Obdachlosenunterkunft in der Eberhardstraße erkennen. Seit Juni 2016 betreute die Diakonie dort obdachlose Menschen. Damit sollten Betroffene so stabilisiert werden, dass es mit einer eigenen Wohnung theoretisch mal klappen kann. Im März vergangenen Jahres allerdings mussten die Bewohner ausziehen, der Mietvertrag wurde nicht verlängert. Bis heute ist im Landkreis kein geeignetes bezahlbares Objekt gefunden, in dem das Projekt fortgeführt werden könnte, obwohl das der ausdrückliche Wunsch der Diakonie Rosenheim ist, wie der Geschäftsführer Klaus Voss bereits mehrfach betonte.

Das ist ein Aspekt, der gerne vergessen oder zumindest stiefmütterlich behandelt wird: Die prekäre Situation auf dem Mietmarkt betrifft nicht nur Menschen, die wenig Geld verdienen, eine geringe Rente erhalten oder studieren. Sie bedeutet auch ein Problem für soziale Projekte wie die Obdachlosenunterkunft oder die Condrobs-WG. Wenn Politiker und Politikerinnen den Bau von Sozialwohnungen versprechen, dann ist das zwar schön und absolut richtig. Aber Raum für eine zweite TWG gibt es durch eine einkommensorientierte Förderung (EOF) von Wohnungen eben immer noch nicht. Es wäre also wichtig, wenn auch das berücksichtig wird: Billigen Wohnraum für soziale Träger schaffen. Denn ohne Projekte wie die TWG von Condrobs würden viele Menschen wohl niemals in ein autonomes und gesundes Leben zurückfinden.

© SZ vom 04.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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