Kommentar:Jetzt ist Kreativität gefragt

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Einen neuen Facharzt wird es für Kirchseeon nicht geben. Nun aber deshalb im Selbstmitleid zu versinken, wäre falsch

Von Andreas Junkmann

Um sich in die Stimmungslage der Kirchseeoner Gemeinderäte hineinzuversetzen, lohnt sich ein gedanklicher Ausflug in die frühen Kindheitstage. Man erinnere sich an die vielen Stunden, die man in der Vorweihnachtszeit damit verbracht hat, einen Wunschzettel zu erarbeiten - nur um dann am Weihnachtsabend etwas völlig anderes unter dem Baum vorzufinden. In Tränen ist zwar am Montagabend im Sitzungssaal niemand ausgebrochen, die Enttäuschung stand aber allen deutlich ins Gesicht geschrieben. Soeben hatte das Gremium erfahren, dass es nichts wird mit einem Facharzt am Ort, den sich doch alle so sehnlichst gewünscht hatten. Zwar ist der Landkreis in Sachen Fachmediziner auf dem Papier gut aufgestellt, über deren Verteilung dürfte man sich aber nicht nur in Kirchseeon ziemlich ärgern. Allerdings: Am Bedarfsplan der Kassenärztlichen Vereinigung endet die Macht der Lokalpolitik.

Nun gibt es zwei Möglichkeiten, wie mit der zweifellos unbefriedigenden Situation umzugehen ist. Eine Variante ist es, den Kopf in den Sand zu stecken und sich in Selbstmitleid zu suhlen. Eine andere - deutlich ratsamere - wäre es dagegen, die Ärmel hochzukrempeln und das Beste aus der misslichen Lage herauszuholen. So hatte der Experte vom Kommunalbüro für ärztliche Versorgung den Kirchseeoner Gemeinderäten etwa nahegelegt, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen. Unter dem Motto "Fehlt der Gemeinde ein Bus, fehlt er auch dem Patienten" appellierte er daran, dass sich durch ein gutes ÖPNV-Netz auch die Wege zum nächsten Facharzt leichter überbrücken ließen.

Nun ist der Nahverkehr zwar Landkreissache, die Kommunen könnten aber zum Beispiel zusätzlich ihre eigenen Transportmöglichkeiten schaffen. Durch gemeindliche Fahrdienste etwa, könnten auch Menschen, die nicht mehr so gut zu Fuß sind, einfach und direkt zum Arzt in einer der Nachbargemeinden kommen. Auch in diesem Fall gilt: je größer die Notlage, desto mehr Kreativität ist gefordert. Es ist nur eine Frage des Willens.

© SZ vom 08.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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