Kommentar:Nicht lange fackeln, wenn Rechtsradikale zündeln

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Zehn Jahre "Bunt statt Braun" in Ebersberg stehen für eine Botschaft: Es ist wichtig, den Mund aufzumachen, damit andere den ihren halten.

Kommentar von Karin Kampwerth

Tritt fest auf, mach's Maul auf, hör bald auf", soll Martin Luther gesagt haben. Gemeint hat der Reformator damit sicher nicht nur, dass bei Ansprachen die Würze in der Kürze liegt. Die Aufforderung Luthers ist auch so zu verstehen, dass man nicht lange um den heißen Brei reden, sondern lieber Tacheles sprechen und sich einmischen soll.

Und auch, oder gerade weil die dunkle Seite des einflussreichen Kirchenpolitikers in seinem antisemitischen Gedankengut lag, ist es ein passender Zufall, dass der runde Geburtstag des Bündnisses "Bunt statt Braun" ins Luther-Jahr fällt. Denn der Zusammenschluss aus couragierten Menschen und Politikern aller Couleur unterstreicht im Lutherschen Sinn, wie wichtig es ist, nicht lange zu fackeln, wenn andere zündeln. Und verbreitet die daraus längst gewonnene Lehre, dass es nicht sein darf, Menschen aufgrund ihrer Herkunft auszugrenzen.

Fremdenfeindlichkeit und Rassismus, das hat das Bündnis nach einschlägigen Vorfällen immer wieder deutlich unter Beweis gestellt, haben im Landkreis Ebersberg nichts verloren. Als entsprechend eindrucksvolle Statements gegen Hass und Hetze gelten Mahnwache und Demo gegen den Überfall auf einen Ebersberger Döner-Imbiss vor zwei Jahren oder auch ein halbes Jahr später die Kundgebung in Zorneding für den rassistisch bedrohten Pfarrer, der aus Angst die Gemeinde fluchtartig verlassen hatte. Was das Bündnis auszeichnet, ist die gute Vernetzung, die es ihm im Notfall möglich macht, quasi innerhalb von Stunden zu reagieren. Das ist wichtig, damit die Entrüstung noch groß ist, der Schreck tief sitzt und vor allem kein Gras über derlei verabscheuenswürdige Vorfälle wächst.

"Bunt statt braun"
:Gemeinsam für Toleranz

Seit zehn Jahren rüttelt das Bündnis gegen Ausgrenzung und Diskriminierung auf. Bei der Jubiläumsfeier in Ebersberg sind sich die Engagierten aber einig, dass ihnen die Arbeit leider nicht ausgeht

Von Thorsten Rienth

Dennoch wäre es naiv, allein aufgrund solcher Aktionen anzunehmen, dass es im Landkreis keine rechte Szene, keine strammen Nazis oder keine menschenverachtenden Rassisten gäbe. Wenn sich derlei fehlgeleitetes Denken allerdings in an Wände geschmierte Hass-Parolen oder gar Angriffe gegen Personen entlädt, hält das Bündnis umgehend dagegen - und leistet darüber hinaus mit Vorträgen, Workshops oder kreativen Wettbewerben wertvolle Präventionsarbeit. Zum zehnjährigen Bestehen darf man an dieser Stelle deshalb durchaus einmal Danke sagen: fürs Maul aufmachen, damit Rechtsextreme ihren Mund halten.

© SZ vom 14.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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